Die Waldmedizin lässt aufhorchen: Die Bakterien im Wald helfen unserem Immunsystem auf die Sprünge und können Allergien vorbeugen. Und: Die negative Ionenladung zwischen den Bäumen kann Entzündungsprozesse lindern. Als optimale Gesundheitsvorsorge raten Forscher Eltern mit Kindern, jeden Monat zwei volle Tage im Wald zu verbringen. Den Kindern wird’s sicher Spaß machen!  

Dass Bäume eine überaus positive Wirkung auf uns Menschen ausüben, ist bekannt. Doch Wissenschaftler beginnen gerade erst zu verstehen, auf welche Weise der Wald seine heilsame Wirkung entfaltet. Hierzu hat sich ein neuer Forschungsbereich etabliert: die Waldmedizin, auch Ökopsychosomatik genannt. Gemeint ist die enge Verwobenheit der mentalen und körperlichen Gesundheit des Menschen mit der natürlichen Umwelt. Ökopsychosomatik meint, dass Einflüsse aus der Natur wichtige medizinische Prozesse anstoßen können, sei es direkt über den Körper oder die Psyche.

Doch warum ist das so? 

Es wird vermutet, dass unsere Evolution, die über Jahrmillionen in engem Verbund und stetigem Austausch mit den Organismen und Chemikalien der grünen Umwelt stattfand, diesem Phänomen zugrunde liegt. So arbeiten die Systeme unseres Körpers womöglich nur dann einwandfrei, wenn die gewohnten, natürlichen Einflüsse auf ihn wirken. Was bedeutet: Das Fehlen von Natur rund um uns kann uns anfälliger für Krankheit machen.

In diesem Zusammenhang spielen Phytonzide eine entscheidende Rolle. Es gibt Hinweise, dass diese nicht nur auf unseren Körper wirken, sondern auch auf die Mikroorganismen, die in und auf uns leben – und das menschliche Wohlbefinden steuern. So ersetzt die Waldmedizin die  Schulmedizin zwar nicht. Sie kann jedoch als sinnvolle Ergänzung bzw. Vorbeugung diese weniger oft notwendig machen.

Worum handelt es sich nun bei diesen Phytonziden?

Bäume, Sträucher, aber auch Pilze und Bakterien im Boden produzieren tausende chemische Substanzen, die etwa aus den Poren von Blättern und Nadeln strömen. Im Sommer sind die meisten Phytonzide in der Luft: Nadelbäume etwa verschaffen sich mit deren Ausdünstung Abkühlung. Sie werden aber auch von Bäumen produziert, um Schädlinge abzuwehren.

Gleichzeitig sind sie eine Art Kommunikationsmittel. Eine Untergruppe dieser Stoffe nennt sich Terpenoide. Diese riechen besonders intensiv. Die Terpene von Fichten, Kiefern und Tannen sind medizinisch besonders wirkungsvoll. Am meisten Terpene schwirren im Sommer, nach Regen oder bei Nebel und eher im Waldinneren herum.

Monatlich zwei volle Tage im Wald

Die Empfehlung der Forscher: Jeder Mensch sollte sich mindestens einmal im Monat für insgesamt zwei volle Tage im Wald aufhalten, um gesund zu bleiben. Da werden sich besonders die Kinder freuen, wenn wir regelmäßig unsere Zelte unter den Bäumen aufschlagen!

Sportmuffel werden gerne hören, dass allein unsere Anwesenheit im Wald genügt. Die Mikroben aus dem Wald landen auf unserer Haut und werden beim Atmen in unsere Lungen gesogen. Abermillionen von diesen Kleinstlebewesen bevölkern unseren Körper von innen und außen. Doch Stadtbewohner weisen diesbezüglich eine geringere mikrobielle Vielfalt auf im Gegensatz zu Bewohnern ländlicher Gebiete.

Typischerweise erkranken Stadtbewohner häufiger an Allergien und chronischen Erkrankungen ausgelöst durch unterschwellige Entzündungen. Schon länger wird ja auch empfohlen, mit kleinen Kindern viel in Ställe auf Bauernhöfen zu gehen, um späteren Allergien vorzubeugen.

Bakterien im Wald helfen Immunsystem auf die Sprünge

Genauso funktioniert das mit regelmäßigen Waldbesuchen von klein auf. Zum einen gibt es im Wald bestimmte Bakterien, die unserem Immunsystem offenbar helfen, besonders effektiv zu arbeiten. Zum anderen gehen Experten davon aus, dass das Immunsystem davon profitiert, wenn es mit den unterschiedlichsten Keimen konfrontiert wird. Man tut sich und seinen Lieben also nichts Gutes, wenn man die Wohnung möglichst steril und keimfrei putzt, nie barfuß durch die Wiese läuft und immer Desinfektionstücherl griffbereit hat.

Darüber hinaus hat die Luft im Wald etwas Elektrisierendes – und das wortwörtlich. Wissenschaftler haben gemessen, dass sich in der Luft des Waldes im Schnitt dreimal mehr negative Ionen befinden als etwa über einer Wiese. Manche Mediziner meinen, diese geladenen Luftmoleküle seien gesundheitsfördernd. Und wirklich haben Studien bewiesen, dass diese Teilchen Entzündungsprozesse lindern und die Stimmung heben können.

Literaturtipp:
Arvay G. Clemens: Der Heilungscode der Natur. Die verborgenen Kräfte von Pflanzen und Tieren entdecken. Riemann-Verlag, 2016.

Daniela Christl