Wenn die Weihnachtsgeschenke unterm Baum liegen, kann man sich auf eines verlassen: Es wird Konflikte um die Spielsachen geben. Just in dem Moment, als Stefan mit dem Traktor spielen will, fällt Anna ein, wie toll der Traktor für sie auch gerade wäre. Wie Kindern den Umgang mit Besitz lernen.

Eines zur Beruhigung: Streit um Besitz gehört zur kindlichen Entwicklung dazu. Kleine Kinder haben oft noch nicht die Fähigkeit, sich auf die Wünsche anderer einzustellen. Abgeben, abwechseln und tauschen ist noch nicht in ihrem sozialen Register. Sie müssen erst lernen, Kompromisse zu schließen und zu verstehen, dass sie auch einmal im Sinne der Gruppe zurückstecken können, ohne dass ihre Welt gleich untergeht.

Die meisten Konflikte unter Kindern drehen sich darum, wer dem anderen etwas weggenommen hat. Denn oft ist das Spielzeug am Interessantesten, das man gerade nicht hat – oder das Essen, das der kleine Bruder gerade bekommt. Brechen über der Sache Streitigkeiten aus und ist die Stimmung der Spielgefährten danach für einige Zeit gedämpft, merken die Kinder eines: Sie müssen ihre Spielgefährten fair behandeln, wenn sie ihre Gesellschaft möchten. Nehmen sie einem anderen Kind einfach etwas weg, wird es nicht mehr mit ihnen spielen wollen.

Für Kinder ist dies ein sozialer Lernprozess. Was auch bedeutet, dass Erwachsene nicht sofort eingreifen sollen. Streit um Spielzeug ist eine Möglichkeit für Kinder zu lernen, Streitigkeiten selbständig zu lösen. Wenn die Kinder alleine keine Lösung finden, können Erwachsene unterstützend eingreifen – die beiden Streithähne trennen, ohne mit ihnen zu schimpfen, und ihnen im Gespräch die Streitpunkte analysieren und gemeinsam eine Lösung finden.

Nicht alles muss man teilen
Wichtig ist auch, dass Kindern das Recht auf Eigentum zugestanden wird – und dieses Eigentum respektiert wird. Manche Dinge teilen Kinder gerne, andere möchten sie lieber für sich behalten, wie Kuscheltiere, Lieblingspuppen oder eine Schmusedecke. Klare Regeln sind dabei hilfreich.

Ist ein Geschenk unterm Christbaum einem Kind deutlich zugeordnet, kann es dies als sein Eigentum ansehen – und muss es nicht teilen, wenn es nicht will. Getrenntes Eigentum ist der kürzeste Weg zum Frieden. Manche Spielsachen machen jedoch nur Spaß, wenn man Spielgefährten hat.

Vorbild der Eltern
Hilfreich ist für Kinder auch, bei Erwachsenen zu sehen, wie Teilen funktionieren kann. Denn Kinder erleben täglich, wie Erwachsene verzichten – wenn Eltern sich gegenseitig das letzte Stück Kuchen zuschieben, im Restaurant Essen miteinander teilen oder sich friedlich miteinander ausmachen, was im Fernsehen geguckt wird. So erleben die Kinder, dass es ganz normal ist, die eigenen Wünsche auch einmal zurückzustellen.
Ein leichter Lernprozess ist das keinesfalls. Es braucht Frustrationstoleranz und das Wissen, dass man es aushält, eine gewisse Zeit die Bedürfnisse einer Gruppe über die eigenen zu stellen. Mit dem Vorbild der Erwachsenen können sie sich jedoch sicher sein: Was die Großen gelernt haben, ist für sie selbst auch sicher möglich.

Manuela Hoflehner