Vater und Sohn gehen Hand im Hand in der Natur spazieren

Erziehungsratgeber gibt es wie Sand am Meer – warum also den von “Super-Nanny” Katharina Saalfrank mit dem Titel “Was unsere Kinder brauchen” kaufen? Weil er mit viel Herz und Hausverstand geschrieben ist. Und weil er anschaulich alltägliche Situationen im Familienalltag beschreibt.

Einmal werden Alltagsszenen so beschrieben, wie es leider oft passiert – mit wenig Verständnis für das Kind und dafür sehr viel Ungeduld. In der zweiten Szene gibt Autorin Katharina Saalfrank ein bisschen „Nachhilfe“ im Denken und Fühlen und zeigt, wie man es sehr viel besser hinkriegen kann.

Dabei gilt es, das eigene tradierte Erziehungsmuster immer wieder zu hinterfragen und neu an seine Werte und die Bedürfnisse seiner Kinder anzupassen und das mit viel Geduld und Selbstreflexion. Doch immer mit der Gewissheit, dass wir Eltern von Natur aus am besten wissen, was unser Kind braucht. Haben wir selbst kein gutes Gefühl bei dem, wie wir unser Kind behandeln, dann sollten wir unser Verhalten ändern – egal, was Oma, Lehrer, Erziehungsratgeber oder wer auch immer – einem wohlgemeint empfehlen mag!

Saalfrank ist Pädagogin und Musiktherapeutin mit Schwerpunkt Entwicklungspsychologie. Sie wurde bekannt als „Die Super Nanny“ auf RTL und lebt mit Mann und vier Söhnen in Berlin. „Für mich ist entscheidend, Gefühle und Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen – die der Kinder und unserer eigenen“, schreibt Saalfrank. Eltern sollen eine wertschätzende Führungsrolle übernehmen.

Sie betont, dass sich Eltern in der Beziehung zu ihren Kindern ausprobieren, mit ihren Kindern gemeinsam und von diesen lernen, wachsen – sie müssen und können nicht alles wissen. Es gäbe ja auch keine Patentrezepte für jedes Kind und jede Situation. Saalfrank: „Es geht um eine tragfähige Beziehung, die auf einer sicheren Bindung aufbaut und den jeweiligen emotionalen Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt.“

Denn das sei es, was Kinder brauchen. So gibt sie Eltern in ausführlichen Kapiteln sieben Grundwerte in der Erziehung quasi als Kompass mit.

Welche emotionalen Bedürfnisse hat mein Kind?

Die Frage nach der „richtigen“ Lösung im Umgang mit unserem Kind formuliert Saalfrank um in „Was genau braucht mein Kind?“ Die Antwort ergebe sich vor allem aus den emotionalen Bedürfnissen des Kindes und darum sei es sinnvoll, hier ganz genau hinzuschauen. Dabei sei ein vertieftes Wissen über die emotionale, seelische und geistige Entwicklung grundlegend und Voraussetzung dafür, das Kind besser zu verstehen.

Saalfrank ist es wichtig, dass wir darauf achten, wie wir miteinander umgehen: „Sie können und dürfen Ihr Kind als gleichwertiges Gegenüber und in wertschätzendem Verhältnis führen. Wenn ihr Kind sich ‘verweigert’, spüren Sie nach, woran es liegen kann, dann sind Sie auf einem guten Weg!“

Der Perfektionsanspruch an Kinder sei enorm gestiegen und auch Eltern wollen in ihrer Rolle „einwandfrei“ sein. So gehe es aber immer mehr um ein reibungsloses Funktionieren, eine Anpassung und Normierung, ein Zurechtbiegen von Kindern anstatt zu überlegen, wie ich das Umfeld, die Ansprüche, die Atmosphäre,… rund um mein Kind ändern kann, damit dieses darin gesund (auf)wachsen kann.

Authentische, „gute“, Eltern haben gelernt, sich selbst zu lieben, ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse wahrzunehmen – Voraussetzung dafür, dass sie auch gut für ihre Kinder sorgen können und deren Grenzen und Bedürfnisse wahrnehmen können. Und hier liegt oft der Hund begraben.

Denn frühere Erziehungsmethoden haben oft dafür gesorgt, dass wir als Kind genau das nicht gelernt haben. Mit unseren Kindern haben wir nun die Chance, das auch für uns selbst zu erfahren. Besser wäre es natürlich, wir hätten diesen Prozess schon vorher bewältigt. Aber Kinder verzeihen ihren Eltern viel, wenn die grundsätzliche wertschätzende Basis da ist und die Eltern die Bereitschaft signalisieren, ihr Kind wirklich verstehen zu wollen.

Saalfrank: „Dabei brauchen wir keine Angst haben, unsere Macht und damit die Kontrolle über das Kind zu verlieren. Wichtig ist, dass die Erwachsenen für die Kinder mit all ihren Gefühlen präsent sind, dass sie eine Haltung einnehmen und authentisch sind.“ Ansonsten seien Kinder dazu gezwungen, die Führung selbst zu übernehmen. Was sie heillos überfordert.

Kinder können nicht die gleiche Verantwortung tragen wie Erwachsene. Saalfrank: „Sie sind nicht gleichberechtigt, aber gleichwertig, gleich würdig, und diese Würde gilt es von uns Erwachsenen zu schützen und nicht zu verletzen!“

Buchtipp:
Saalfrank, Katharina: Was unsere Kinder brauchen. 7 Werte für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung. GU Verlag, München, 2016.