Der Wald kann Winterwunderland – oder auch beängstigend sein. Hausen doch dort gefährliche Räuber, gemeine Wölfe und böse Hexen. Im Wald kann man sich außerdem verirren – all das gibt es in Märchen und findet dort immer auch ein gutes Ende. Aus gutem Grund! Urängste von Kindern gehören zu ihrer Entwicklung. Wie unterstütze ich als Elternteil meine Kinder am besten dabei und was tun, wenn ich diese Ängste vor dem Wald selbst habe?

Der bunte Herbstwald, der verschneite Winterwald – das sind wundervolle Orte in der Natur, um aufzutanken, die Seele baumeln zu lassen, loszulassen. Nicht umsonst wird „Waldbaden“ immer beliebter, sind die positiven Auswirkungen eines Aufenthalts im Wald immer besser auch wissenschaftlich belegt. Aber da gibt es auch die Kehrseite des Waldes: das Bedrohliche, Finstere, das Unbekannte, was uns Angst macht.

Denn der Wald hat auch immer etwas Wildes – dort leben Tiere, die uns womöglich angreifen könnten. Vielleicht gibt es verwunschene, zwielichtige Ecken, wo sich eine Bedrohung verstecken und plötzlich hervorspringen könnte. Da wispert und knackt und knarzt es, da ist es unheimlich still, da stößt ein Vogel einen schrillen Schrei aus, da fällt uns ein Tannenzapfen auf den Kopf, da ändert sich das Aussehen des Weges mit der Jahres- und Tageszeit, dem Wetter, sodass wir uns manchmal nicht mehr ganz sicher sind, wohin wir uns wenden müssen…

Nachts allein im Wald?

Kennst du das? Ich für meinen Teil liebe es, im Wald zu sein, gerne auch allein – aber nur, solange es noch hell ist. Ein Nachtspaziergang im Wald? Eine spannende Sache für Groß und Klein! Aber allein würde ich es auch als Erwachsene nicht wagen. Und damit bin ich nicht allein. Besonders Frauen fürchten sich nachts im Wald und das, obwohl laut Statistik die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Gewaltverbrechens in Wildnisgebieten zu werden, bei 0,0003 Prozent liegt. „Wer also Angst vor Menschen hat, sollte raus IN den Wald“, meint etwa Wildnis-Mentor Martin Gebhardt (siehe Tipps unten!) augenzwinkernd.

Eltern übertragen ihre Ängste oft unbewusst. Darum sollten sie Ängste vor dem Wald, der wilden Natur, Tieren, Schmutz,… reflektieren, um sie nicht unbewusst weiterzugeben. Denn Kinder beobachten ihre Eltern und allein deren Gesichtsausdruck oder ihre Körperhaltung genügen, um ihnen zu signalisieren: „Alles okay! – oder aber: Es könnte gefährlich werden!“ Und dies steht einem unbeschwerten Aufenthalt in der Natur entgegen. Dabei sind gerade diese Erfahrungen so wichtig!

Spielplatz Wald 

„Die Einstellung dem Wald gegenüber hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verschoben“, so Ulrike Pröbstl-Haider von der Universität für Bodenkultur (BOKU) gegenüber APA-Science. Denn das unkomplizierte Verhältnis zum Wald, ohne elterliche Aufsicht dort zu spielen und sich auszuprobieren, sei kaum mehr gegeben. „Man tendiert dazu zu glauben, dass Kinder sich eher verletzen, wenn sie unbeaufsichtigt sind. Mittlerweile weiß man aber, dass auf Spielplätzen die Unfallgefahr umso höher ist, je gesicherter der Spielplatz ist. Kinder gehen dort nämlich mehr Risiken ein“, erläutert die Spieltherapeutin und Autorin Gabriele Pohl.

Wir tun also gut daran, unsere eigenen Ängste zu reflektieren und unsere Kinder ihre eigenen Erfahrungen mit der wilden Natur im Wald machen zu lassen – um sich ihren Ängsten stellen zu können und sie gleichzeitig überwinden zu lernen. Immer mit der Gewissheit, dass die Eltern da sind in diesem Prozess und ihre Ängste ernst nehmen, sie ihnen aber nicht abnehmen wollen, sondern sie auf ihrem eigenen Weg unterstützend begleiten.

Wie verliere ich meine Angst vor dem Wald und der Wildnis?

Ein paar Tipps und praktische Anregungen von Wildnis-Mentor Martin Gebhardt www.survival-kompass.de:

  • Angst entsteht oft durch das Unbekannte und den Verlust von Kontrolle. Wenn du dich im Wald unsicher fühlst, versuche, aus dem Unbekannten etwas Bekanntes zu machen, indem du dich informierst und vorbereitest.
  • Die meisten Menschen haben im Wald Angst vor unbekannten Geräuschen, dem Verlaufen, gefährlichen Insekten, herunterfallenden Ästen und anderen möglichen Gefahren. Es ist wichtig, diese Ängste zu erkennen und sich damit auseinanderzusetzen.
  • Um deine Furcht zu überwinden, gehe Schritt für Schritt vor und überwinde gelegentlich deine Grenzen. Informiere dich über mögliche Gefahren im Wald und lerne, wie du dich schützen kannst.
  • Bereite dich auf deinen Aufenthalt im Wald vor. Informiere dich über das Gebiet, lerne die Pflanzen und Tiere kennen, plane eine Route und erstelle einen Notfallplan.
  • Du brauchst keine Angst vor Tieren zu haben, sondern einfach einen gesunden Respekt. Dadurch fühlst du dich nicht mehr unsicher, sondern weißt, wie du mit den Tieren umgehen musst. Das ist ein großer Unterschied.
  • Scheue Tiere: Auch spät abends haben Tiere noch mehr Angst vor dir als du vor ihnen. Das fehlende Licht ändert an dieser Tatsache nichts. Der Wald ist ein sehr lebendiger Ort. Versuch dir das immer in Erinnerung zu rufen, wenn du zwischen den Bäumen ein Geräusch hörst. Etwas hat hinter dir geraschelt? Dann ist wohl gerade eine Eule von einem Baum zum nächsten geflogen.
  • Als Gruppe: Falls dich das trotzdem noch nicht so ganz überzeugt, trommle ein paar FreundInnen zusammen und mach eine gemeinsame Nachtwanderung.
  • Beobachte: Lege dich auf die Pirsch und beobachte die Waldtiere – du wirst sehen, sie suchen friedlich nach Futter oder erkunden ihr Revier. Das macht nicht nur enorm Spaß, sondern nimmt auch langsam die Angst.

Daniela Christl

Foto: Moritz-Verlag

Buchtipps:

  • Hoppe, Paul: Nachts im Wald, Verlag Baumhaus, 2011. Von 4-6 Jahren.
  • Dale E./Metcalf P.: Echte Bären fürchten sich nicht, Verlag Oetinger, 2018. Ab 4 Jahren.
  • De Monfreid, D.: In finsterschwarzer Nacht, Verlag Moritz, 2009. Von 3-6 Jahren.