Für uns viel beschäftigte Erwachsene, die wir so vieles zu denken und zu planen haben, ist es gar nicht so einfach, im Moment zu verharren – so wie Kinder beim Spielen. Welch ein herrliches befreiendes Gefühl dies jedoch sein kann, darüber schreibt Daniela Christl in diesem Blog.  

Es lässt uns die Seele hüpfen und zaubert uns unwillkürlich ein Lächeln ins Gesicht, wenn wir unserem Kind dabei zusehen, wie es sich ganz auf eine Tätigkeit einlässt, völlig in ihr aufgeht. Dabei alles rund um sich vergisst. Nur der Moment und das, was man gerade tut/sieht/spürt/schmeckt/hört ist wichtig. Alle Sinne sind nur auf diese eine Sache ausgerichtet.

Wie schön das ist! Kinder leben noch – wenn sie das Privileg haben, sicher aufwachsen zu können – ganz im Moment. Wie lange es her ist, dass wir selbst so vertieft waren. So ganz im Jetzt, im Moment. Kein Gedanke an Vergangenes, Zukünftiges. Daran, dass die Wäsche gemacht gehört, der Wocheneinkauf fällig ist, die Fenster schon fast blind sind…

Das alles ist in diesem einen Moment nicht wichtig. Diese absolute Hingabe an eine Sache, diese Momentzentriertheit, ist ein Privileg der Kindheit. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass man darauf vertrauen kann, dass alles lebenserhaltend Notwendige von Mama und Papa erledigt wird.

Sorgen und Nöte schweigen im Moment
Man braucht sich keine Sorgen, Gedanken zu machen, ob das Geld noch für diesen Monat reicht. Man braucht nicht daran zu denken, dass man, wenn man sich jetzt völlig verausgabt, danach hundemüde ist – weil man sich als Kind eben einfach hinlegt und schläft. Was als Erwachsener meist nicht so leicht möglich ist.

Dieses im Moment Aufgehen aber ist so wertvoll. Das sind kleine Auszeit-Inseln im Alltags-Ozean, in dem die Gedanken still stehen, man nichts will, nach nichts verlangt, einen nichts bedrängt oder ablenkt – wo nichts wichtig ist, außer dieser eine Moment.

Manchmal stiehlt sich vor lauter Konzentration die Zungenspitze zwischen die Lippen. Aber das fällt uns nicht auf. Es ist in diesem Moment völlig unwichtig, wie wir aussehen. Das zählt nicht. Was die Welt von uns denken mag? Wen juckt es? Ein wundervolles, ein herrlich freies Gefühl! Kann es denn sein, dass wir dazu – also den Moment so völlig urteilsfrei zu genießen – als Erwachsener nicht mehr fähig sind? Sind wir unseren hetzenden Gedanken so ausgeliefert?

Kinder beim Spielen sind ganz im Flow
Aber bleiben wir bei unserem Beispiel: Wir betrachten unser Kind beim Spielen. Hah – und sind wir nicht genau jetzt auch dabei, alles um uns zu vergessen und uns nur auf den Moment zu konzentrieren? Für einen Augenblick ist es uns gelungen, auf die Auszeit-Insel zu kommen. Es ist also möglich. Das ist schon einmal beruhigend. Aber wie kann es uns gelingen, öfter dorthin zu gelangen?

Das hat viel mit Achtsamkeit zu tun – und mit Wertschätzung. Ich erlaube mir, bewusst wahrzunehmen, was rund um mich passiert. Da ziehen Wolken über den Himmel. Wie sehen sie aus? Kann ich eine Figur erkennen? Ich sehe ihnen nach. Ich verliere mich im Blau. Wie wertvoll erlebe ich diesen Moment, darauf kommt es an. Ist das verschwendete oder wertvolle Zeit für mich?

Ich liege auf einer Wiese, höre das Brummen um mich, rieche das feuchte Gras, streiche über die Halme, horche auf meinen Atem. Das alles mag nicht viel sein, mag augenscheinlich zu nichts nütze sein, aber wie wertvoll für unser inneres Gleichgewicht sind solche Momente der Muße. Und wie wunderbar ist es, unseren Kindern dieses (Nichts-)Tun als wertvoll zu erhalten, indem wir es ihnen als Erwachsene vorleben.

 

Daniela Christl

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