Der Verein KiB Children Care begleitet Familien, wenn ein Kind krank ist. Geschäftsführerin Elisabeth Schausberger im Grünschnabel-Interview über den Verein rund ums erkrankte Kind, Vorschläge für eine gerechtere Regelung der Pflegefreistellung und über die Tatsache, dass kranke Kinder sich nicht an Bürozeiten halten. 

Grünschnabel: Frau Schausberger, Sie selbst haben sechs Kinder und sind bereits mehrfache Großmutter. Empfinden Sie die gesetzlich geregelten ein bzw. zwei Wochen Pflegefreistellung pro Jahr als ausreichend?
Der Verein KiB macht sich dafür stark, diese Regelung zu verbessern, denn die derzeitige Gesetzeslage ist vor allem für Alleinerziehende nachteilig. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter hat für ihre drei Kindern zwei Wochen, also zehn Arbeitstage pro Jahr Anspruch auf Pflegefreistellung, das entspricht etwas mehr als drei Tagen pro Kind. Einem berufstätigen Ehepaar mit einem Kind stehen 20 Tage Pflegefreistellung zu, weil der Vater im gemeinsamen Haushalt lebt. Wir fordern, dass jedes Kind pro Krankheit 3 Tage Anspruch auf die Pflege durch ein Familienmitglied hat. Außerdem ist uns besonders wichtig, dass von der Bedingung des gemeinsamen Haushalts abgegangen wird, denn dann können sich mehrer Personen, z.B. auch berufstätige Großeltern, die Pflege aufteilen. So lastet die Verantwortung auf mehreren Schultern, nicht nur auf denen der Mutter.

Gibt es einen Unterschied zwischen „Pflegeurlaub“ und „Pflegefreistellung“?
„Pflegeurlaub“ ist die landläufige und falsche Bezeichnung für das, was laut Gesetz „Pflegefreistellung“ heißt. Es ist ein verbrieftes Recht, und liegt nicht im Ermessen des Dienstgebers. Jeder Mensch, der schon einmal ein krankes Kind gepflegt hat, weiß, dass das kein Urlaub ist. Die Bezeichung „Pflegeurlaub“ vermittelt ein völlig falsches Bild, und es ist uns wichtig, das richtigzustellen, denn Worte schaffen Wirklichkeit.

Wer sind die Personen, die Sie vermitteln? Und was passiert, wenn es einmal nicht passt?
Unser Ziel ist, dass kranke Kinder in Ruhe und in der nötigen Zeit zuhause gesund werden können. Wir arbeiten mit Organisationen wie Caritas und Volkshilfe zusammen, forcieren diese professionelle Hilfe und helfen auch mit, damit sie leistbar bleibt. Jedoch halten sich kranke Kinder nicht an Bürozeiten, und professionelle Hilfe kann nicht alles abdecken. Daher haben wir ein über ganz Österreich gespanntes ehrenamtliches Nachbarschaftsnetz geschaffen und sind rund um die Uhr erreichbar. Wir sehen uns als eine Art Großfamilie, die Betreuungspersonen sind genauso Mitglieder im Verein wie die Eltern, die Betreuung in Anspruch nehmen. Wir sind sozusagen die Feuerwehr, decken mit unserem Angebot die ersten drei Tage der Krankheit ab und nehmen so den Druck weg. In diesen drei Tagen hat man dann schon Zeit, sich zu organisieren, sollte das Kind länger pflegebedürftig sein.

Unsere Betreuungspersonen sind glücklich darüber, helfen zu können, für sie ist es eine Bereicherung, bei den Kindern zu sein. Wir telefonieren immer am Tag nach der Betreuung nach, um sicherzustellen, dass alles gepasst hat. Sollte das einmal nicht der Fall sein, wird diese Betreuungsperson in dieser Familie nicht mehr eingesetzt. Kooperative Beratung ist uns wichtig, die Eltern sollen spüren, dass wir gemeinsam mit ihnen an einer guten Lösung arbeiten. Für die Betreuungspersonen gibt es auch das Angebot jährlicher Weiterbildungen.

Ist es nicht schwierig für die Eltern, ihr Kind „fremden“ Händen zu überlassen, besonders dann, wenn es krank ist?
Wir vermitteln pro Jahr für ca. 1000 Kinder Betreuung, und in 98% der Fälle funktioniert das zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Die Kinder sind Fremdbetreuung in Kindergarten oder Hort gewohnt, sonst könnte die Mutter ja nicht arbeiten gehen. Der große Vorteil ist, dass das Kind in seiner gewohnten Umgebung bleiben kann. Unsere Betreuungspersonen bereiten sich vor, sprechen sich mit der Mutter ab, und haben ausschließlich für das Kind Zeit. Trotzdem ist es natürlich ein mutiger Schritt, ein krankes Kind ohne schlechtes Gewissen einer fremden Betreuungsperson zu überlassen.

Eine Umfrage unter unseren Mitgliedern hat gezeigt, dass Mütter sich grundsätzlich Wahlfreiheit wünschen, ob sie das kranke Kind selber pflegen wollen oder eine Betreuungsperson kommt. Uns ist wichtig, dass die Frauen nicht das Gefühl haben, eine Rabenmutter zu sein. Die meisten kommen nach ein paar Stunden mit Freude nachhause und sitzen wieder gerne am Bett des kranken Kindes. Mütter brauchen ein gutes Netz, brauchen das Gefühl, nicht alles alleine bewältigen zu müssen, das kommt auch den Kindern zugute. Es heißt nicht umsonst, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen.

Auch Menschen, die ein gutes soziales Netz haben und keine „Fremdbetreuung“ für kranke Kinder benötigen, können durch den Mitgliedsbeitrag von 12,50 Euro im Monat an diesem großen Netz mitknüpfen und einen Beitrag zur Solidargemeinschaft leisten.

Grünschnabel: Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg für Ihre Arbeit!

 

Info:  

Der Verein KiB Children Care organisiert kurzfristig Betreuung zuhause sowohl für erkrankte Kinder als auch für Geschwister, wenn Mutter oder Vater mit einem erkrankten Kind beim Arzt/bei der Ärztin oder im Krankenhaus sind. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 12,50 Euro im Monat. Eine Mitarbeiterin von KiB ist unter 0664/6 20 30 40 Tag und Nacht erreichbar. Näheres findest du unter www.kib.or.at.

Krankes Kind und Arbeit – was nun?