Wer kennt es nicht: Irgendetwas, das mein Kind tut oder nicht tut, lässt mich immer wieder vor Wut kochen und ich sage oder tue etwas, das ich eigentlich sogleich bereue. Denn so will ich mich ja eigentlich gar nicht verhalten. Für mich kann das beispielsweise sein, wenn mein Kleinkind nicht und nicht zum Anziehen zu bewegen ist und mir Zeitdruck im Nacken sitzt.

Was macht Wut im Körper?
Wut ist in erster Linie eine körperliche Reaktion. Auf eine Bedrohung hin springt ein uraltes Notfallsystem an, das mich innerhalb kürzester Zeit mit Flucht, Kampf oder Erstarrung rea-gieren lässt. Dazu werden die Amygdala und die Großhirnrinde informiert: Die Amygdala bewertet die Situation aufgrund unserer Emotionen blitzschnell und löst sogleich eine Reak-tion aus, während die Bewertung via Großhirnrinde mit bewussteren Gedanken länger dau-ert. Das macht es schwierig, Wut bewusst zu steuern und obwohl ich es nicht will, lande ich wieder bei mir als wütender, schimpfender Mama.

Gut an der Wut
Dabei muss Aggression an sich nicht unbedingt destruktiv sein. Sie ist eine starke lebendige Kraft, die mir hilft, etwas zu bewegen und zu erreichen. Wütend zu sein kann mir als Warn-signal dienen: Wut tritt vielleicht auf, wenn meine Ressourcen zu knapp sind oder meine Grenzen gefährdet werden, wenn ein wichtiges Bedürfnis unerfüllt ist. Hinter der Wut steht dabei oft ein anderes Gefühl, etwa dass ich traurig bin über etwas, das jetzt nicht möglich ist.

Sehr spannend ist der Gedanke, dass Wut auch eine Entscheidung ist. Als körperliche Reakti-on, die im Gehirn abläuft, ist Wut nach etwa 90 Sekunden vorbei. Etwa, wenn ich mir den Zeh anstoße und darüber wütend werde. Jedes Mal, wenn ich über diese Zeit hinaus wütend bin, halte ich eigentlich bewusst an meinem Groll fest. Gespeist wird die Wut dabei vorwie-gend von meinen Gedanken und Bewertungen zu einer Situation. Nicht die Tatsache, dass mein Kind sich gerade nicht anziehen will macht mich wütend, sondern meine Gedanken darüber: „Er nimmt mich überhaupt nicht ernst! Immer ist er so unkooperativ!“

Dir die Wut zur Partnerin machen
Beobachte deine Gedanken mal bewusst. Was denkst du, wenn du dich ärgerst? Hinterfrage diese Gedanken: Stimmt das wirklich? Ist das Kind tatsächlich immer unkooperativ? Wie wä-re die Situation ohne diesen Gedanken?

Allgemein kannst du übermäßiger Wut vorbeugen, indem du gut für dich selbst sorgst. Achte auf deine Ressourcen und tu dir auch in der Wut-Situation etwas Gutes. Das ist zugleich eine tolle Übersprungshandlung: Um die Wutreaktion im Körper auszusitzen, ohne der Reaktion nachzugeben, kannst du dir einen Tee machen. Oder zählen, atmen, hüpfen und so auch gleich Wut-Energie abbauen.

Spür dann in dich: Was brauchst du denn gerade? Welches Bedürfnis kommt da zu kurz? In-dem du anerkennst „Jetzt bin ich echt sauer! Eigentlich hätte ich so gerne, dass wir das bes-ser schaffen.“ achtest du darauf, wie dein Erleben ist und das kann schon Kapazitäten frei machen, dich bewusst für eine hilfreiche Reaktion zu entscheiden.

Denke in einer ruhigen Minute darüber nach, was dir im Umgang mit deinem Kind wichtig ist. Wie möchtest du deinem Kind begegnen, wie möchtest du wirken? Das ist deine Haltung, die zu deinen Werten passt und für die du dich bewusst entscheiden kannst. Daraus folgen konkrete Handlungen: Wie kannst du das dann ausdrücken, deinem Kind spüren lassen? Die eigene Haltung einmal ganz bewusst zu erarbeiten und klar zu haben, gibt dir Orientierung und erleichtert dir das Handeln entsprechend deiner Werte.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net