Foto: S. Fischer Verlag

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„Erziehung ist das, was wir tun können, um unsere Kinder dabei zu unterstützen, glücklich zu werden.“ Sein „bislang bestes“ Buch namens “Eltern und Kinder” schrieb Bestsellerautor Jorge Bucay zusammen mit seinem Sohn Demian. 

Beide wissen aus ihrer Arbeit als Psychiater und Psychotherapeuten und als Väter und Söhne, welche Herausforderungen, Hürden und Glücksmomente das Elternsein mit sich bringt. In „Eltern und Kinder“ zeigen sie in sehr gut lesbarer Form, dass Beziehung immer aus mehr als den einzelnen Personen besteht: Es gibt Texte von Jorge, von Demian und „vierhändige“ Texte, in denen ihrer beider Erfahrung und Wissen in einem “Wir” vereint ist.

In einer Art chronologischem Rahmen beschäftigen sie sich mit zentralen Themen des Elternseins: Was ist das Wesen des Elternseins? Warum wollen wir Kinder, wo diese doch unser Leben komplett umkrempeln? Wieso ist die Liebe der Eltern (im Idealfall) bedingungslos, die der Kinder (im Idealfall) ambivalent? Was können oder sollen wir unseren Kindern wie mitgeben? Wie können wir ihnen „gute Eltern“ sein? Wann und wie endet unser Erziehungsauftrag?

Den Kern des Buches bildet die Beschreibung verschiedener Erziehungsstile und -methoden. Die Bucay´schen Präferenzen sind klar: Gute Eltern zeichnen sich dadurch aus, dass „sie ihre Kinder ermutigen, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen und ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen“. Damit das gelingt, muss man sich allerdings erst einmal von der Vorstellung verabschieden, dass Vergnügen und Pflicht einander ausschließen.

Bei den Erziehungsmethoden beschreiben die beiden Autoren die Vorbildrolle (und ihre Schwierigkeiten) im Sinne von „mit gutem Beispiel vorausgehen“ und die Rolle des Lehrmeisters, bei der es um die Vermittlung von Wissen und Werten geht, um elterliche Ratschläge und „Forderungen“. Zwang lehnen sie in jeder Form (außer in lebensbedrohlichen Situationen) ab, auch die „harmlose Form von Terrorismus“, deren sich wohl fast alle Eltern bedienen, nämlich „wenn du A machst, mach ich B“.

Ihrer Meinung nach erreicht man damit das Gegenteil von dem, was man will. Was eigentlich aus freien Stücken geschehen sollte (z.B. Hausaufgaben machen), wird zum lästigen Zwang, um die Belohnung (z.B. das Smartphone zurückbekommen) zu erreichen, die damit extrem aufgewertet wird.

Wie aber gelingt echte Motivation? Das beschreiben Jorge und Demian Bucay in dem Kapitel „die Motivationsmethode – Eltern als Wegweiser“. Ihrer Ansicht nach liegt hier der Schlüssel zu einer gelungenen Erziehung. „Motivation bedeutet nicht, den anderen dazu zu bringen, zu tun, was ich möchte, sondern zu erreichen, dass er es von sich aus möchte“.

Und das ist nicht gerade einfach! Zum einen müssen einem dabei die eigenen Motive als Elternteil bewusst sein. Und dann geht es nicht ohne Erklärungen und Raum für Argumente (von beiden Seiten). Statt „wenn du kein Gemüse isst, gibt es keine Nachspeise“ eher ein „wenn du immer nur Nachspeise isst, wirst du krank, weil…“. Und nicht zuletzt müssen Eltern es aushalten (lernen), dass Kinder Fehler machen.

Die Grenzen einer Buchbesprechung sind schnell erreicht. 247 Seiten geballte Lebenserfahrung und gebündeltes Wissen als Psychotherapeuten – da wäre noch viel zu sagen! Zum Abschluss die Bucay´sche Meinung zum Thema Grenzen (setzen):
„Es ist unsere Aufgabe, unseren Kindern beizubringen, sich auf gesunde Art mit den Grenzen, die das Leben mit sich bringt, auseinanderzusetzen und zu begreifen, dass zwar nicht alles möglich ist, aber es immer eine Möglichkeit gibt.“

Buchtipp: Jorge und Demian Bucay: Eltern und Kinder. Vom Gelingen einer lebenslangen Beziehung. S. Fischer Verlag. 2018.

 

Eva Grossmann