Handy, Smartphone, ipads, Laptops… sind allgegenwärtig und vielen ist nicht bewusst, welchen Schaden es anrichten kann, wenn (kleine) Kinder sie zu früh, zu lange und unkontrolliert nutzen. Dies kann körperliche, geistige und psychische Folgen nach sich ziehen wie Sprach-, Ess-, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen bis hin zu sozialer Isolation und Medienautismus. Ganz zu schweigen, dass die Kinder darum gebracht werden, was Kindheit ausmacht: Mit anderen Kindern lachen und Spaß haben, laufen, auf Bäume klettern, spielen.
Digitale Medien: Handy, Tablet, Computer, Fernseher – Wir sind rund um die Uhr von ihnen umgeben, ein Leben ohne sie ist nicht mehr vorstellbar. Sie unterstützen uns, unterhalten uns, informieren uns… Sie sind unglaublich wichtig, aber auch unglaublich gefährlich. Und wir sprechen hier nicht von Fake News. Das ist noch einmal ein ganz anderes, heikles Thema.

Foto: Freepik_Nensuria
Szenen aus dem Eltern-Dasein: Es ist doch praktisch, wenn das quengelnde Kleinkind mit dem Bildschirm vor Augen so schön beschäftigt und ruhig ist… Das Volksschulkind muss doch lernen, mit diesen Dingen umzugehen, schließlich braucht es sie sein ganzes Leben… Was soll man schon gegen Teenager und ihre Zockerei machen, das wird schon aufhören… Ja, es ist eine Falle, in die Eltern oftmals gerne tappen, weil ein Ankämpfen gegen die Übermacht und den Reiz der digitalen Medien einem ganz schön viel an Nerven und Zeit abverlangen kann. Aber wir müssen uns, zum Wohle unserer Kinder, dieser Aufgabe stellen!
Warum dies so überaus wichtig und unverzichtbar ist, möchten wir hier mit einigen Informationen und Zahlen untermauern.
Kinderärztin Arnika Thiede, Entwicklungsmedizinische Ambulanz der Barmherzigen Brüder Linz, über die schwerwiegenden Folgen, die zu viel Medienzeit schon bei kleinen Kindern haben kann: „Wir sehen fast täglich Kinder unter vier Jahren mit Sprachentwicklungs- und Verhaltensstörungen. Die Kleinkinder leben zum Teil in ihrer eigenen Welt. Sie haben nie kennengelernt, wie man mit anderen Kindern spielt. Sie wissen nicht, wie man spielt. Sie manipulieren ihre Eltern, indem sie auf Ansprache nicht reagieren und schreien. Die Eltern wissen nicht mehr weiter und setzen die Kinder vor den Fernseher, das Tablet oder das Handy. Dann ist Ruhe.“
Ein exzessiver Medienkonsum könne bei Kindern zu Adipositas und Schlafstörungen führen. Das Gehirn verändere sich funktionell und strukturell. Diese Kinder sprächen wenig bis gar nichts. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Medienautismus“.
Thiede liefert Zahlen aus Studien der vergangenen zehn Jahre:
Für Österreich lässt sich ableiten, dass…
- 60 Prozent der ein bis zweijährigen Kinder täglich bis zu zwei Stunden vor Bildschirmen verbringen.
- 40 Prozent der zwei bis dreijährigen selbstständig ein Handyspiel bedienen können.
- 50 Prozent alleine den Weg zu YouTube finden.
- 44 Prozent der fünf- bis sechsjährigen Kinder einen Touchscreen perfekt bedienen können, sich aber nicht selbstständig die Schuhe binden, mit Besteck essen oder sich alleine an- und ausziehen.
„Eine gestörte Eltern-Kind-Interaktion oder Konzentrationsschwächen aufgrund eines frühen und mitunter exzessiven Medienkonsums sind in Oberösterreich keine Seltenheit mehr. Zudem werden die Häufigkeit und die Auswirkungen von neuronalen Entwicklungsstörungen unterschätzt“, mahnt auch Johannes Hofer, Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie der Barmherzigen Brüder.
(Aus: OÖNachrichten: „Sie können Handys bedienen, aber nicht mit Besteck essen“, erschienen am 11. Jänner 2025)
„Wenn Kinder schon im Alter von einem Jahr das Handy, Tablet u.Ä. häufiger als Spielzeug bekommen, können Entwicklungsverzögerungen die Folge sein“, erklärt auch Dr. Werner Sauseng, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde. „Je jünger die Kinder sind, desto schwerwiegender können die Folgen häufigen Medienkonsums sein, wie etwa Entwicklungsverzögerungen in den Bereichen Kommunikationsfähigkeit, Feinmotorik, Problemlösungsfähigkeit sowie bei den sozialen Fähigkeiten.“ Außerdem wiesen Studien daraufhin, dass Kinder von Eltern, die das Smartphone ständig nützen, zu auffälligem Verhalten sowie Schlaf- und Essstörungen neigen.“
(Aus: www.kinderaerzte-im-netz.at – Österreichische Gesellschaft für Kinder und Jugendheilkunde (OGKJ), 20.10.2023).
Und auch die Psychologin Dr. Isabel Brandhorst sieht die Gefahren von Medienkonsum für unsere Kinder:
Was passiert im Gehirn von Kindern, die häufig digitale Medien nutzen?
Brandhorst: Kinder, die sehr viel Zeit mit Computerspielen verbringen, sprechen weniger und machen weniger grob- und feinmotorische Erfahrungen. Diesen Hirnbereichen fehlt also das Gehirn-Training.
Welche Folgen kann der starke Konsum digitaler Medien haben?
Brandhorst: Je mehr Zeit Kinder vor Bildschirmen verbringen, desto schlechter schneiden sie in kognitiven Leistungs-, Motorik- und Sprachtests ab. Eine hohe Mediennutzung kann Konzentrationsprobleme, Übergewicht und Haltungsschäden mit sich bringen.
Wann bzw. wo macht die Nutzung von digitalen Medien Sinn?
Brandhorst: In den ersten drei Lebensjahren liegt der Fokus auf der sprachlichen, motorischen und emotionalen Entwicklung. Da bringen digitale Medien für Kinder keinen Zugewinn. Später, wenn Kinder zum Beispiel beim Lernen nicht motiviert sind oder Probleme haben, können digitale Lernangebote durchaus ein Anreiz sein.
(Aus: www.aok.de, 9.9.2022, Hilfreiche Regeln für den Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen, Psychologin Dr. Isabel Brandhorst, Forschungsgruppe Internetbezogene Störungen und Computerspielsucht).
Einige aktuelle Zahlen: aus der Oberösterreichischen Kinder-Medien-Studie 2024
(Kinder zwischen 3-10 Jahren)
- Die Kinder konsumieren rund 45 Minuten digitaler Unterhaltung täglich.
- Nach der Nutzung digitaler Spiele fühlt sich ein Fünftel der Kinder auch oft unwohl.
- Drei Viertel der Kinder besitzen elektronische Geräte, vor allem Smartphones.
- Zwei Drittel der Kinder sitzen täglich vor dem Fernseher.
- Nach der Nutzung von Social Media berichtet jedes 7. Kind von negativen Gefühlen.
- Die meisten Kinder nutzen soziale Netzwerke, um Prominenten und Stars zu folgen oder um zu sehen, was ihre Freund:innen und Bekannten machen. Ein Viertel der Kinder folgt Influencern.
- Die Mehrheit der 6- bis 7- Jährigen kann im eigenen Zimmer online gehen. Die unbeaufsichtigte Internetnutzung – ohne Begleitung von Erwachsenen – ist im Steigen.
(Aus: www.edugroup.at/innovation: Education Group GmbH, Linz)
Daniela Christl