Ingrid Ott macht Workshops an Schulen zu den Themen Sicherheit im Internet, Umgangsformen, Betrug, Kontakt mit Fremden, Fake News etc. Die  Medienpädagogin spricht im Grünschnabel-Interview über nervende WhatsApp-Gruppen, die versteckte Werbung von Content-Creators, wie Jugendliche oft regelrecht in so genannte Rabbit Holes mit einseitiger Informationsflut hinein gesogen werden. Und der Ausweg aus alledem heißt: digital detoxing!

Du machst Workshops an Schulen, um Kinder und Jugendliche über die Gefahren von Internet, Smartphone, soziale Medien und Online-Spielen aufzuklären. Wie kann man sich das vorstellen?

Ich halte für Safer Internet und das Jugendservice des Landes Oberösterreich geförderte Workshops an Schulen ab, um Präventionsarbeit zu leisten. Es geht darum, Kinder und Jugendliche schon früh über das Internet und soziale Medien und deren Risiken aufzuklären. Für uns Erwachsene sind digitale Medien im Alltag permanent präsent und auch Kinder haben immer früher Kontakt damit, über Youtube oder das Internet.
Wir bieten Begleitung für Schulen, um über die Risiken aufzuklären. Das ist Thema, egal ob Handys erlaubt sind in der Schule oder nicht. Digitale Medien sind in der Freizeit und im Freundesverband wichtige Aspekte, deshalb ergeben sich automatisch viele Fragen. 

Welche Fragen tauchen besonders häufig auf?

Jugendliche werden oft mit Bildmaterial belästigt, bekommen unerwünschtes Material wie etwa Dick Pics zugeschickt, werden von fremden Personen kontaktiert, auch Internet-Betrug über Anrufe kommt vor.

Wir vermitteln außerdem, wie ein sicheres Passwort aussieht, um grundsätzlich Sicherheit im Umgang mit digitalen Tools zu schaffen. Welche Einstellungen gibt es am Handy, um einer App Rechte zu entziehen, nicht jede App muss über den eigenen Standort Bescheid wissen. Auf SnapChat gibt es die Möglichkeit einer örtlichen Verortung, die zu Missbrauch führen kann. All das diskutieren wir mit den SchülerInnen und zeigen ihnen, wie sie die Datenschutzeinstellungen so ändern, dass es für sie sicherer wird.

Auch WhatsApp-Gruppen sind ein Thema. WhatsApp-Klassengruppen explodieren oft mit Nachrichten, was nervt und führt oft auch zu Streit. Es wird besprochen, welche Nachrichten für alle bestimmt sind und welche besser persönlich geteilt werden, wie man „zuspamen“ (zahlreiche Nachrichten senden mit sinnlosen Stickern oder unsinnigen Nachrichten) vermeidet etc.

Im Zuge von Social-Media-Nutzung werden häufig sehr persönliche Fotos online geteilt. Was sind hier die Stolpersteine?

Es ist ein starker Beauty-Trend zu merken. Druck ist ein großes Thema und eine verzerrte Körperwahrnehmung. Aber das ist nicht neu, das gab es auch schon in meiner Jugend. Es passiert viel Darstellung und viel Körperkult, das ist den Kindern und Jugendlichen auch bewusst. Das Wissen schützt aber nicht vor Vergleich. Die InfluencerInnen und die YoutuberInnen kommen oft sehr authentisch herüber und vermitteln Jugendlichen das Gefühl, dass sie im echten Leben auch so sind. Das ist viel glaubwürdiger als klassische Werbung.

Aber auch die Content-Creator sind oft Trugbilder. Durch diese oft sehr freundschaftliche Darstellung merken Jugendliche häufig nicht, dass hier trotzdem Werbung für ein Produkt gemacht wird. Sie haben das Gefühl, das empfiehlt die beste Freundin, der Werbeeffekt ist daher mitunter sehr groß. Werbung wird hier oft in Spiele und Challenges verpackt und es ist nicht so eindeutig erkennbar, wie KonsumentInnen gelenkt werden.  

Fake News ist auch ein großes Thema in deinen Workshops. Wie kann man sich davor schützen, dass einseitige Informationsflut auf Heranwachsende hereinbricht.

Gute Frage und sehr schwierig in den sozialen Medien, die von Algorithmen getriggert werden. Wenn ich einem Kanal folge, der polarisiert, dann werden automatisch mehr von diesen Inhalten eingespielt, man fällt in ein „Rabbit Whole“, ein Loch, das rasch in eine extreme Richtung abdriftet.

Wie kann man dies vermeiden?

Vermeiden kann man dies nur, indem man verschiedene Informationskanäle besucht und bewusst reflektiert, recherchiert in anderen Kanälen, Fragen stellt, den Zweck einer Nachricht hinterfragt, die Quellen checkt, etc. Außerdem kann man sich die Sprache ansehen, ob diese sehr einfach und emotionalisiert ist. Das macht man aber natürlich im Alltag nicht mit jeder einzelnen Nachricht. Das Einfachste ist sicher abschalten, sich davon distanzieren und Abstand halten, also „digital detoxing“.

Ist „digital detoxing“ schon ein Thema für Jugendliche?

Doch, weil viele Jugendliche es anstrengend und energieraubend empfinden, ständig auf den sozialen Medien mit Inhalten bombardiert zu werden. Die Jungen merken, dass ihnen diese sozialen Medien, die dauernd um ihre Aufmerksamkeit ringen, nicht guttun. Umfragen zeigen, dass die Bildschirmzeiten viel zu hoch sind. Das sehen auch viele junge Menschen selbst so und geben zu, dass sie das so nicht haben möchten, kennen aber den Ausweg nicht. Es ist ein Reifungsprozess.

Du hilfst dabei, einen Ausweg zu finden?

Der Ausweg ist die Reduktion der Nutzung. Es können entsprechende Einstellungen bei WhatsApp oder SnapChat vorgenommen werden, um Benachrichtigungen auszuschalten. Und man kann hinterfragen, ob man wirklich fünf verschiedene Social-Media-Apps braucht.

Zur Person:

Medienpädagogin Ingrid Ott hat an der Kepler-Universität Linz Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Medien und in Passau Medienpädagogik und Kommunikation studiert und hält Workshops für Safer Internet und das Jugendservice des Vereins 4You des Landes an Schulen in Oberösterreich.