Das eigene Kind bekommt die Schattenseiten der digitalen Welt zu spüren? Es berichtet von Hass-Postings, Betrug, Mobbing, perversen Bildern etc. Der Rat an die Eltern von Medienpädagogin Ingrid Ott, die Workshops zur Nutzung digitaler Medien an Schulen abhält: Durchatmen, zuhören und dann in Ruhe überlegen, was zu tun ist.
„Ich hab‘ dir ja gesagt, dass so viel Zeit am Handy nicht gut für dich ist“, das ist oft die erste Reaktion von Eltern, deren Kinder berichten, dass sie Opfer von Cyber-Mobbing, von garstigen Kommentaren auf Instagram oder Online-Betrug geworden sind. Medienpädagogin Ingrid Ott dazu: „Wenn das Kind erzählt, dass es Kontakt hatte mit jemand Fremden, dann bloß nicht das Handy verteufeln oder gar verbieten, weil dies die Gefahr birgt, dass der Sohn oder die Tochter beim nächsten Mal solche Vorfälle nicht mehr erzählt, um negativen Konsequenzen mit den Eltern aus dem Weg zu gehen.“
Stattdessen rät die Medienpädagogin in solchen Fällen: „Am wichtigsten ist: Ruhig bleiben, kein Drama daraus machen, keinesfalls hochspielen. Durchatmen und zuhören.“ Gemeinsam sollte überlegt werden, welche Maßnahmen man setzen kann. Es kann auch für Mütter und Väter überfordernd sein, wenn sie mit Dick Pics oder Online-Betrug konfrontiert werden.
„Auch als Elternteil kann man sich dann Hilfe suchen und jemanden um Rat zu fragen. Oft möchten Kinder in so einem Fall nicht mit ihren Eltern über ihre negativen Erfahrungen sprechen, dann ist es hilfreich, wenn Eltern zur Seite stehen, um entsprechende Beratungsangebote zu recherchieren, damit sich das Kind mit jemandem außerhalb der Familie aussprechen kann“, so die Medienpädagogin. Dann gilt es, die Kinder dabei zu unterstützen und zu begleiten, ein passendes Beratungs- oder Hilfsangebot zu finden und das Kind auf Wunsch dorthin zu begleiten.
Unabhängigkeit und Abgrenzung über Medien
Was gilt es allgemein zu beachten für Eltern, wenn es darum geht, ihre Kinder und Jugendlichen in Bezug auf den Umgang mit digitalen Medien gut zu begleiten? „Prinzipiell gilt: Je jünger, desto weniger Mediennutzung ist sinnvoll. Kleine Kinder vertragen nur sehr wenig Bildschirmzeit, die Inhalte müssen ja auch verarbeitet werden. Jugendliche brauchen mehr dieser Medien, weil sie dabei helfen, Unabhängigkeit und Selbständigkeit zu erlangen. Digitale Medien helfen den Heranwachsenden, sich zu distanzieren von der Eltern-Generation und es ist klar, dass sie andere Medien und Apps benutzen als sie.“
Auch die Mediennutzung ist ein Mittel für die Pubertierenden, sich abzugrenzen, eigenständig zu werden. „Wenn Eltern dies verstehen und unterstützen, hilft das enorm. Aber auch hier ist die Begleitung wichtig: Je jünger, desto mehr Begleitung braucht es.“
Begleitung wie im analogen Leben
Und was ist der größte Fehler, den Eltern hier machen können? „Am schlechtesten ist es, wenn die Kinder und Jugendlichen unbegleitet in die Welt der Medien reinstarten. Auch wenn man Apps wie Family-Link verwendet, sollte man sich nicht zu hundert Prozent darauf verlassen, denn diese können leicht umgangen werden.“
Bildschirmzeit-beschränkende Apps zu nutzen ist für Kinder und auch Erwachsene ein guter Weg, den Überblick zu behalten, aber es erspart Eltern nicht, regelmäßig mit dem Kind über seine Mediennutzung zu sprechen. Es braucht eine Begleitung wie im analogen Leben auch.
In Workshop zur Prävention von Cyber-Mobbing werden Informations- und Präventionsmaßnahmen vermittelt. Für den Akutfall gibt es auch Hilfe bei der Schul-Psychologie und Kija (Kinder- und Jugendanwaltschaft), sowie Rat auf Draht.
Im Workshop wird zum Beispiel ein Probe-Anruf gemacht bei Rat auf Draht, um zu sehen, wie das abläuft und damit die Hemmschwelle der Jugendlichen zu senken, dieses Angebot zu nutzen.
https://www.kija-ooe.at
www.saferinternet.at
Zur Person:
Medienpädagogin Ingrid Ott hat an der Kepler-Universität Linz Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Medien und in Passau Medienpädagogik und Kommunikation studiert und hält Workshops für Safer Internet und das Jugendservice des Vereins 4You des Landes an Schulen in Oberösterreich.
Maria Zamut