Über die guten Seiten ihres Facebook-Rauswurfes, Handy-Abstinenz am Esstisch, den eingeschränkten Wortschatz der zockenden Jugend – kurz, den Alltag mit Medien in ihrer Familie schreibt Daniela Christl – Augenzwinker-Emojis inklusive. (Foto: Pixabay/subarasiki)
Facebook konnte mir irgendwann keinen größeren Gefallen tun, als mich rauszuschmeißen. Ich wurde anscheinend gehackt und konnte machen, was ich wollte, ich durfte nicht mehr hinein. Irgendwann war ich sauer und wollte gar nichts mehr machen – und war anfangs geschockt, dann mehr und mehr happy.
Happy, da nicht mehr mitspielen „zu müssen“. Ich hatte nicht mehr im Hinterkopf, was ich mal posten könnte, ich schaute nicht mal „nur kurz rein“, weil mir gerade langweilig war und hing dann doch so viel länger darin fest. Ich erfuhr nichts mehr über andere, was mich sowieso nie interessiert hatte. Ich war endlich wieder frei. Und, ganz ehrlich, es geht mir nichts, aber auch gar nichts ab.
Am Esstisch gibt’s nur hauseigenen Computer
Es gab Zeiten, da nahm ich mein Handy doch wirklich und wahrhaftig öfter mal bewusst nicht mit (Das wage ich sogar heute noch manchmal, voll die Revoluzzerin 😉!). Ich sah auch nicht sekündlich, ob Nachrichten eingegangen waren. Meldete mich nicht prontissimo zurück. Mein Umfeld war sich einig und reagierte unisono verstimmt: So geht das doch nicht! Aber warum eigentlich nicht? Ist die Welt früher, als wir noch kein Handy überallhin (Klo, Wald, Schlafzimmer…) mitgenommen hatten, deshalb immer gleich untergegangen? Daran würde ich mich erinnern.
Ich muss auch nicht immer sofort alles googeln, was ich mal nicht weiß oder mir gerade nicht einfällt (Ich hab ja meinen hauseigenen Computer am Dach, nennt sich auch Gehirn). Schon gar nicht am Esstisch. Apropos, da galt und gilt bei mir schon immer: Kein Handy auf dem Esstisch! Und da fährt der ICE drüber!
Widmen Sie sich doch mal Ihrem Gegenüber!
Meine dreiköpfige Männermeute brachte und bringt das regelmäßig zum Aufheulen. Selbst Gäste werden nett, aber bestimmt an die Hausregel erinnert. Im Restaurant kann ich mich nur schwer zurückhalten, nicht eine Runde durchs Lokal zu machen, um alle Handys von den Tischen einzusammeln und alle mit einem charmanten Lächeln dazu aufzufordern, sich doch einfach mal nur ihrem realen Gegenüber zu widmen. Mein Mann hat’s manchmal wirklich nicht leicht mit mir. 😉
Als die Kinder klein waren, hatte ich mir die Regel auferlegt: Wenn ich mal Luft brauche, „parke“ ich die Kinder NICHT einfach vor dem Fernseher. Ich stelle sie also NICHT ab wie ein Auto, das man gerade nicht braucht. Meistens zumindest hielt ich mich an die Regel. Manchmal brauchte ich dringend kurz Luft. Aber es gibt ja immer die Ausnahme von der Regel. Dafür gab es stapelweise Bilderbücher. Ja, ich hätte es mir vielleicht damals einfacher machen können. Aber ich freue mich jetzt umso mehr über die Entwicklung meiner Burschen. Dass wir immer noch super miteinander reden, spielen, lachen, diskutieren,… können (oh, und wie die gut diskutieren können!). 😉 Dass sie sozial – und nicht medial – fest eingebunden sind. Medien selbstverständlich nutzen, aber nicht abhängig davon sind. Das war jeden Aufwand wert.
Das Gespenst, das doch mit realen Menschen kommuniziert
Natürlich hatten auch wir Zeiten als Familie, da gab es bezüglich Mediennutzung durchaus Unstimmigkeiten zwischen den Generationen. Die Jugend wollte am PC „gambeln“, am liebsten Tag und Nacht. Horchten wir heimlich hinter verschlossenen Türen, war zumindest eines positiv: „Es“, das Gespenst, das in unserem Haus wohnte und zum Essen auftauchte, kommunizierte zumindest noch mit realen Menschen, wenn auch durchaus mit eher eingeschränktem Wortschatz: „Ja, echt, los jetzt, schieß doch, da links, das Monster, pass doch auf, nein, ach, … jetzt bin ich tot…“
Hmmm…, ich gebe zu, ich machte mir Sorgen. Mein Mann nahm das gelassener. Aus eigener exzessiver Spielhallen-Erfahrung (ja, damals ging man noch aus dem Haus, um zu gambeln) wusste er, diese Phase geht vorbei. Und er hatte recht. Trotzdem: Wir ließen uns ihre Spiele zeigen, lehnten (fast) nichts ab, spielten manchmal gemeinsam, schossen Hühner am Fernsehschirm ab,… Ansonsten lebten wir dem Nachwuchs vor, dass man mit FreundInnen durchaus real Spaß haben konnte, und ließen keine Gelegenheit aus, sie mit sanfter Überredungskunst in die Natur zu „zerren“. Und siehe da, irgendwann war die Phase abgekühlt.
Zombies mit zugestöpselten Ohren
Woran wir noch arbeiten, ist das Zombietum, welches sich durch permanentes Tragen und also völliger Zustöpselung der Gehörgänge mit Kopfhörern im Miniformat und der dadurch ständigen musikalischen Zudröhnung ergibt. Die ersten Beschwerden über sich daraus ergebende Ohrenschmerzen wurden schon laut. Ich bin also zuversichtlich, dass auch diese Phase sich irgendwann wieder gibt. Um es mit den Worten meiner Söhne auszudrücken: „Chill mal, Mama, ich brauch eben gerade meine Ruhe.“