Ist man einmal als Familie in dem Teufelskreis drinnen, dann hat einen die „Medienfalle“ meist fest im Griff. Ständige Konflikte sind vorprogrammiert, die Ratlosigkeit und Unsicherheit bei den Eltern nimmt zu. Die Kinder verstehen nicht, warum Handy & Co, schlecht für sie sein sollen. Wo es ihnen doch so viel Spaß macht. Denn sie wissen nicht, was sie tun (sollen)…
Jedes dritte Kind im Vorschulalter zeige zumindest einen bedenklichen Medienkonsum, jedes vierte weise bereits einen exzessiven Medienkonsum auf, so Dr. Johannes Hofer, Leiter des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie der Barmherzigen Brüder Linz. (siehe auch OÖNachrichten vom 11. Jänner 2025) Tendenz zunehmend. Folgen wie eine gestörte Eltern-Kind-Interaktion, Konzentrationsschwächen, sowie Entwicklungsstörungen sind in Oberösterreich keine Seltenheit mehr.
Aber warum ist das so? Warum tappen Eltern so leicht und bedenkenlos in diese „Mit dem Handy das Kind ruhigstellen-Falle“?
Eltern sind schlicht und ergreifend verunsichert, was den kindlichen Medienkonsum angeht. Schließlich verbringen auch die meisten Erwachsenen viel Zeit mit dem Handy. Das hat aber weit weniger gravierende Auswirkungen (obwohl es natürlich auch ihnen nicht guttut), als wenn schon Kleinstkinder an die ständige Dopaminausschüttung („Glückshormon“), die die bewegten Bilder erzeugen, gewöhnt werden und immer mehr davon wollen.
Dr. Arnika Thiede, Kinderärztin: „Eltern denken oft, ein ruhiges Kind ist ein glückliches Kind. Dabei tappen sie rasch in die Medienfalle: Sie benutzen das Handy als Belohnung, überbrücken Wartezeiten oder stellen das Kind ruhig.“
Sprachentwicklungs- und Verhaltensstörungen (bereits bei unter Vierjährigen!) sind die Folgen, die manchmal später fast nicht mehr gutzumachen sind. Das Kind ist also nicht ruhig, sondern nur „ruhiggestellt“: Es erlernt keine normale Kommunikation. Das Gehirn wird so von klein auf darauf hintrainiert, einen ständigen „Beschuss“ von Infos, Bildern, Bewegung,… zu bekommen, ja, zu brauchen, es wird danach süchtig.
Worum also geht es? Das Wichtigste: Erst einmal gar nicht in diese Falle zu tappen. Handys sind für unter Dreijährige tabu. Später sukzessive GEMEINSAM mit einem Erwachsenen das Handy (kurz) benutzen und so die Kinder langsam, altersgerecht an eine sinnvolle Nutzung heranführen. Grundsätzlich geht es darum, echte Qualitätszeit mit dem Nachwuchs zu verbringen. Dazu muss man als Eltern auch um altersgerechte(s) Spiele(n) wissen, ohne Bildschirm – und hier auch ein positives Vorbild sein. Ein eigenes Handy sollte erst ab Mittelschule oder Gymnasium ein Thema sein.
Wenn man es aber schon übersehen hat?
Hilfe suchen! Gemeinsam als Familie mit Expertenhilfe daran arbeiten, zu einem „normalen“ Familienleben zurückzufinden – mit streiten, lachen, spielen und allem, was dazugehört. Dazu gehört auch, informiert zu sein: Wie funktionieren Soziale Medien? Wie machen uns (mich?) diese Plattformen süchtig. Das Geschäftsmodell, also „mehr NutzerInnen + längere Verweildauer = mehr Geld – unterstützt durch Algorithmen“ zu durchschauen und da selbst nicht mitzu“spielen“.
Kinder sind keine Handtasche, die man einfach abstellen kann. Sie brauchen uns, unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, unsere liebevolle, aber konsequente Führung, unser positives Vorbild – um zu starken Persönlichkeiten heranreifen zu können, die mit den Medien und ihren Verführungen umgehen können. Das ist sicher nicht immer einfach für Eltern und Erziehungsberechtigte, aber wenn man sich die Konsequenzen einer mediengestörten Gesellschaft als Zukunftsvision vorstellt, die nur mehr via Medien miteinander kommuniziert, dann sollten wir uns alle unserer Verantwortung für die kommenden Generationen überdeutlich bewusst sein.
Weiterführende Infos:
- Seit dem 1. Mai 2025 gilt ein bundesweites Handyverbot für SchülerInnen bis zur achten Schulstufe – also für Sechs- bis Vierzehnjährige. Damit folgt Österreich dem Beispiel vieler anderer Länder, die ein landesweites Handyverbot für SchülerInnen bereits umgesetzt haben. Den SchülerInnen ist „die Nutzung von Mobiltelefonen, Smartwatches und vergleichbaren, der digitalen Kommunikation dienenden Geräten“ in der Schule, im Unterricht außerhalb des Schulgeländes und bei Schulveranstaltungen verboten.
- Unglaublich, aber wahr: Handys gibt es bei uns erst seit etwa 35 Jahren. Der „richtige“ Umgang damit will also erst noch gelernt werden. 2004 startete dann der „Siegeszug“ der Sozialen Medien mit der Gründung von Facebook. Der Begriff Social Media ist angesichts der realen sozialen Probleme, die gerade erst dadurch entstehen, im Grunde eine Farce.
- Unter Handy-Sucht versteht man den starken Drang, mit gerade nicht anwesenden Personen via Telekommunikation in Kontakt treten zu wollen. Die Sucht hat meist die Isolation zur Folge, da es fast nur um einen telekommunikativen Austausch von Belanglosigkeiten anstatt tatsächlicher Zuwendung geht. Meist wird das Handy durchgehend eingeschaltet gelassen. Die Betroffenen haben Angst, ein Gespräch zu versäumen, was für sie bedeuten würde, von einem sozialen Netzwerk abgeschnitten zu werden. Die Handy-Sucht umfasst auch die Handy-Spielsucht sowie die Handy-Online-Sucht. (Quelle: sozialministerium.gv.at)
Daniela Christl