Über Eltern und Erwachsene generell als Vorbilder für den Umgang junger Menschen mit digitalen Medien hat sich Maria Zamut Gedanken gemacht.
Inbrunst, Tränen, Drama pur. Eine Jugendliche erklärt in einer Szene, die Außenstehende an den Kampf um’s nackte Überleben erinnern mögen: Das Mädchen braucht jetzt ihr Handy, weil sie sonst auf Snapchat all ihre virtuellen Flammen verlieren würde. Sie hat schließlich schon 650 und die kann sie nicht riskieren, nur weil die Eltern der Meinung sind, dass ihr Kind heute schon viel zu viel am Handy war.

Foto: DigitalEyePhotography/Pixabay
Der 15-Jährige, der von der Familienfeier um 23.30 Uhr mit Nachdruck zur Heimfahrt drängt. Muss er so dringend ins Bett? Nein, natürlich nicht. Der Grund: Um punkt Null Uhr freitagnachts wird die neue Folge des Podcasts „Hobbylos“ von Rezo and Julien Bam veröffentlicht. In einem der erfolgreichsten Podcasts im deutschsprachigen Raum sprechen zwei Männer (30plus wohlgemerkt) über,… ja worüber eigentlich: Völlig Banales aus ihrem Leben bis anspruchsvoll Populärwissenschaftliches.
Hier wie ist die Reaktion vieler Eltern: Wundern, Unverständnis bis hin zu Fassungslosigkeit. Die Generation Z tickt halt so. Man registriert es und kann’s trotzdem kaum glauben. So anders ist die Ausdrucksweise der jungen Menschen bis hin zum Medienkonsum, der vielen Eltern Sorge bereitet. Zu viel, zu intensiv, zu lange, zu oft. Man hat mitunter den Eindruck, der Sprössling würde vom Handy förmlich aufgesaugt, so vereinnahmt sind unsere Kinder mitunter vom kleinen, handlichen Wunderding.
Nur die Jugend?
Aber Hand auf’s Herz. Geht es nur dem Nachwuchs so? Liegt es wirklich nur daran, dass die Persönlichkeiten der jungen Menschen noch nicht gefestigt genug sind? Können nur sie nicht den Verlockungen des Smartphones samt Social Media und diverser Apps widerstehen, die uns Verbundenheit, Glücksgefühle, Information zu jeder Zeit über alles Mögliche versprechen?
Schauen wir uns das einmal näher an: Schon allein ein Blick in den öffentlichen Raum lässt anderes vermuten. In den Bussen, Zügen, Straßenbahnen sind es keineswegs nur Kinder und Jugendliche, die wie gebannt auf ihre Bildschirme starren. Auch die Generation Y (Millenials) und die Generation X (zwischen 1966–1980 geboren), vertreibt sich die Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln am liebsten am Handy.
Nun gut, wirst du sagen, warum auch nicht? Doch wie sieht es beim Sitzen auf der Parkbank oder im Caféhaus mit FreundInnen aus? Mach doch einmal den Selbstversuch: Wie oft schaust du beim Kaffee mit der FreundIn innerhalb einer Stunde auf dein Handy? Zweimal, siebenmal, öfter? Sei es nun, ob WhatsApp zu checken, die Fotos vom letzten Familienausflug herzuzeigen oder zu googeln, wo der Ort nun genau liegt, wo der/die GesprächspartnerIn gerade auf Urlaub war.
Familienmitglied Handy
Und nun das Spannendste: Wie sieht es zu Hause, in den eigenen vier Wänden diesbezüglich aus? Ist der Blick auf’s Handy das erste, das wir in der Früh nach dem Aufstehen tun? Noch bevor wir den/die PartnerIn mit einem Guten-Morgen-Kuss begrüßen? Oder sitzen wir nachmittags gedankenverloren mit Handy-Scrollen auf der Couch, um uns vom Stress im Beruf zu entspannen anstatt einen Spaziergang zu machen? Haben wir das Handy stets gezückt, wenn die kleine Tochter etwas Ulkiges tut, um es zu knipsen? Es ist doch wichtig, dies für später festzuhalten, die Zeit vergeht doch so schnell und die Kinder wachsen heran.
Ja, eben. Können wir den Moment überhaupt wahrnehmen, wenn wir so damit beschäftigt sind, für die anderen und die Nachwelt festzuhalten und Fotos und mehr-oder-weniger-wichtige-Infos in WhatsApp-Gruppen zu streuen? Sind wir in der Hinsicht ein gutes Vorbild für die Heranwachsenden, die sich unserer Meinung unerträglich intensiv vereinnahmen lassen vom Smartphone und seinen Spielen, Apps, Kommunikations- und Social-Media-Möglichkeiten?
Das Handy den Ton angeben lassen
Sind nicht wir es, die den Umgang mit dem Handy vorleben? Geben wir denn ein gutes Beispiel ab, indem wir den Augenblick genießen, einmal nur für uns sind und vertieft in das Spiel mit den Kindern oder das, was wir halt gerade tun, das Handy einfach Handy sein lassen. Selbst wenn es läutet, vibriert oder sonst was tut?
Nehmen wir uns doch bei der Nase: Wie gehen wir selbst mit dem Handy um? Wie sehr lassen wir es unser Leben bestimmen? Denn so oder ähnlich werden es unsere Kinder leben. So oder ähnlich werden sie die Verantwortung für sich und ihr Leben und ihren Umgang mit digitalen Medien übernehmen.
Dabei geht es keineswegs nur um die eigenen Kinder, sondern um Heranwachsende generell. Denn Kinder beobachten das Benehmen der Erwachsenen, halten es für in Ordnung und kopieren es. Unser Verhalten hat Vorbildwirkung auf die nächste Generation. Sei es nun, ob wir an der roten Ampel stehen bleiben oder einfach drüber gehen oder wenn es um unseren Umgang mit digitalen Medien geht. Der Apfel fällt auch hier nicht weit vom Stamm, ähm oder besser gesagt, vom Handymasten. Foto: Pixabay/DigitalEyePhotography
Maria Zamut