Über den Balanceakt, die Wünsche der Kinder mit den eigenen Bedürfnissen in Einklang zu bringen, schreibt Katharina Maderthaner in ihren Erziehungsfragen zum Jahresbeginn. 

Eine Mama erzählt: Sie hatte mit ihrem Mann Pläne für einen Ausflug gemacht. Während der Vater vorher noch eine Erledigung machte, wollten Mama und Kleinkind sich vorbereiten. Als sich das Kind trotz verschiedenster Versuche einfach nicht fertig anziehen ließ und meinte, es wolle lieber zuhause bleiben, kamen der Mutter schließlich die Tränen. Sie hatte das Gefühl, ihre Alltagsplanung sei nur von ihrem Kind abhängig und ihre Bedürfnisse und Wünsche kämen viel zu kurz. Was war passiert?

Wer sorgt sich um mein Wohlergehen?
Offenbar hatten sich über längere Zeit in dieser Mama Frustration, Traurigkeit, ein Gefühl von “zu kurz zu kommen” aufgestaut. Vielleicht waren die vorausgegangen Wochen sehr arbeitsreich, die Herausforderungen mit autonom werdendem Kleinkind zusätzlich zehrend, die Zeit für Pausen zu wenig. Nach einem befreienden Weinen und einem Gespräch sah die Mutter, dass sie in dieser intensiven Phase nicht gut genug auf sich selbst geachtet hatte. Sie erinnerte sich daran, dass sie selbst verantwortlich dafür ist, dass sie ihre Ressourcen genügend auffüllt und sich stärkt.

Alles hat seine Zeit!
Wenn Erledigungen und Termine drängen, erscheinen diese oft allzu dringlich und unaufschiebbar. Wie wichtig Entspannung und sozialer Kontakt ist, rückt leicht in den Hintergrund. Angelehnt an Thomas Gordons Buch „Familienkonferenz“ könnte man sagen, wir können unsere Zeit in verschiedener Hinsicht nutzen:

Zeit für Aktivität: In dieser Zeit sind wir mit Aufgaben beschäftigt. Wir arbeiten nach einem Plan, nach bestimmten Vorstellungen und wollen etwas erledigt haben. Konzentriert tun und werken wir. Zeit für Aktivität ist wichtig, damit etwas geschehen, Projekte voranschreiten können und wir zufrieden sein können mit etwas Geschafftem.

Zeit für Beziehung: Nehmen wir uns Zeit für Beziehung, nehmen wir uns bewusst Zeit miteinander. Wir schaffen uns Zeiträume, in denen Beziehungen wachsen können. Diese Zeit ist geprägt vom Interesse an einem ehrlichen Gedankenaustausch, davon, wirklich etwas vom Anderen erfahren zu wollen.

Zeit für sich selbst: Nicht produktiv sein, sondern auftanken können. Eine Pause nehmen und ganz für mich selbst da sein, mich mir selbst gönnen und mir etwas Gutes tun. Das charakterisiert Zeit für mich, als Kraftquelle und Oase.
Nimmt die Aktivität überhand, gehen die Kinder schneller in Opposition, da sie das Gefühl haben, keinen Platz zu haben, nicht gesehen zu werden. Im Tun sind wir mit unseren Gedanken oft im Außen, nicht bei unserem Empfinden.

Es fällt dann schwerer, etwas Anderes sein zu lassen wie es ist, weil wir bestimmten Vorstellungen folgen. Das ist okay, solange diese Zeit begrenzt ist und mit ausreichend Zeit für Beziehung und dich selbst ergänzt wird. Exklusive Aufmerksamkeit zu erleben ist so essenziell für unsere Beziehungen, besonders damit ein Kind sich wahrgenommen und geliebt fühlt.

Wie kannst du deinem/deiner Partner/in und Kindern heute deine Aufmerksamkeit zu schenken? Woran merkst du, dass sie deine Zuwendung brauchen? Dass du selbst Zuwendung brauchst? Deine Ressourcen kannst du auch durch Zeit für dich selbst erneuern. Was tut dir gut, wo kannst du am besten entspannen und auftanken? Was kannst du jetzt gleich dafür tun, dich selbst zu nähren und zu stärken? Was zeigt dir, dass es Zeit ist, dir selbst exklusive Aufmerksamkeit zu schenken?

Um zu überlegen, wie der eigene “Zeitkuchen” aufgeteilt ist und womit du vielleicht mehr oder weniger Zeit verbringen möchtest, wäre doch gerade der Jahresbeginn eine gute Gelegenheit.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net