Foto: Heike Berse/pixelio.de

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Als ich klein war, verbrachte ich viel Zeit draußen. Nicht nur im Garten, der wurde mir schnell zu klein. Stattdessen zog es mich und meine Freundinnen auf den nahe gelegenen Spielplatz, wo es neben Schaukeln und einer Rutsche auch Klettergerüste und Turnstangen gab. Wenn ich heute an diesem Spielplatz vorbeigehe, ist er leer. Seit Jahren habe ich hier kein Kind gesehen. Aber nicht nur die Kinder sind verschwunden – auch das Klettergerüst und die Turnstangen. Jedes Mal beschleicht mich eine leise Vermutung, sie wurden wegen einer etwaigen Verletzungsgefahr abmontiert. Was bleibt, ist eine Schaukel, eine Rutsche und ein Sandkasten. Letzteren ließ ich selbst als Kind schon links liegen. Bei zwei „Spielutensilien“ bleibt nicht mehr viel Abwechslung für ein Kind.

Unser Spielplatz liegt inmitten einer Wohnsiedlung mit Einfamilienhäusern, die große Gärten haben. Und wenn ich durch die Siedlung schlendere und mir anschaue, wie sie sich in den letzten Jahren verändert hat, fällt mir vermehrt eines auf: In fast jedem Garten gibt es ein Schwimmbad und in vielen eine eigene Schaukel. Komme ich in andere Wohnsiedlungen, treffe ich dort auch auf hauseigene Trampoline und zum Teil sogar Sandkästen. Der Spielplatz ist in die Hausgärten gewandert. Wenn es zuhause mehr Spielangebot gibt, als auf dem öffentlichen Spielplatz, wundert es mich nicht, dass letzterer leer steht.

Unweigerlich frage ich mich jedoch, welche Konsequenzen diese Entwicklung hat – für die Kinder sowie für die Erwachsenen. Der Spielplatz war für mich seit jeher eine Begegnungszone. Wir trafen dort andere Kinder, andere Individuen mit ihren individuellen Eigenheiten, mit denen man spielen und von denen man lernen konnte. Wir mussten uns mit ihnen arrangieren, uns miteinander ausmachen, wer die Schaukel wie lange haben durfte und darauf Rücksicht nehmen, dass wir die Rutsche nicht einen ganzen Nachmittag für uns belegen durften. Wir lernten, Kompromisse zu schließen. Und es funktionierte.

Auf dem Privat-Spielplatz geht alles natürlich leichter. Die Schaukel und die Rutsche gehören immer den eigenen Kindern, es gibt keinen Streit darum. Im eigenen Schwimmbad hat man immer genug Platz um das tun tun, worauf man Lust hat – sei es, Längen zu schwimmen oder auf der aufblasbaren Schwimminsel zu treiben. Kein Vergleich dazu das öffentliche Schwimmbad. Das Becken ist hier oft voll, auf der Liegewiese kaum Platz und wie die Kinder der anderen Leute schreien… da hat man ja kaum Ruhe und keine Entspannung. Da müsste man fast aufstehen und die Eltern der lauten Kinder bitten, etwas Rücksicht zu nehmen. Oder sich damit abfinden, dass mehrere Kinder auf einem Haufen hin und wieder Lärm machen. Dann doch lieber ins Privat-Schwimmbad, wo diese Störung, dieser Konflikt gar nicht erst auftritt.

Öffentliche Begegnungszonen sind Lernzonen. Für Kinder und für Erwachsene. Wir begegnen Menschen, die unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Bedürfnissen sind – und diese oft auch unterschiedlich kommunizieren. Wir lernen, den Platz, der uns gegeben ist, mit ihnen zu teilen. Und wir lernen an diesen öffentlichen Plätzen von diesen Menschen, welche große Vielfalt es jenseits der eigenen Haustür gibt.

 

Manuela Hoflehner