Selbstbestimmung –und organisation, sowie Gemeinschaftsleben und Nachhaltigkeit – das sind die wichtigsten Beweggründe für Menschen, sich für ein Leben in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt zu entscheiden. Auf reges Publikumsinteresse stieß das Grünschnabel-Fachsymposium „In Linz beginnt’s – Alternative Wohnformen jetzt!“

“Selbstbestimmung und Selbstorganisation sind die wichtigsten Gründe für Menschen, in gemeinschaftlichen Wohnprojekten zu leben”, erklärte Robert Temel von der Initiative für gemeinschaftliches Wohnen und Bauen, der bei dem Symposium in Linz über bereits realisierte Formen des Gemeinschaftswohnens berichtete. Aber auch gelebte Community –  sei es nun in Form von Nachbarschaftsaktivitäten wie Festen oder Ausflügen oder der Nutzung von Gemeinschaftsräumen – sind wichtige Motive für Menschen, sich für alternative Wohnprojekten zu entscheiden.

Initiiert wurde das Fachsymposium zum Thema Wohnen „In Linz beginnt’s – Alternative Wohnformen jetzt!“, das am 11. Oktober 2013 im Alten Rathaus in Linz stattfand, von Grünschnabel und den Grünen 50+. Gerade in Wien und Berlin sind in den letzten 15 Jahren einige solcher Projekte entstanden. Beispiele sind etwa die Sargfabrik in Wien oder auch B.R.O.T. (Beten – Reden – Offensein – Teilen), von dem derzeit am ehemaligen Flugfeld in Wien-Aspern bereits die dritte Auflage umgesetzt wird. „Gerade bei B.R.O.T. hat man viel erreicht, das geht schon weit über die Erfüllung des Wohnbedürfnisses hinaus“, erklärte Temel.

Es gibt unterschiedlichste Formen von Wohnprojekten wie etwa WG-Wohnungen: Diese sind als Kleinstwohnungen mit individuellen Räumen inklusive Bad konzipiert, die sich wiederum in einer Großwohnung mit Gemeinschafts-Räumen befinden. Auf die Art ist je nach Wunsch Privatsphäre wie auch Zusammentreffen mit Anderen möglich.  

Wohnprojekt als Verein

Ein Wohnprojekt kann auf Basis von Miete, Eigentum oder aber auch mit einem Wohnträger umgesetzt werden. Meist wird von der Gemeinschaft ein Verein gegründet, über den etwa frei werdende Wohnungen neu vergeben und Gemeinschaftsräume verwaltet werden. Mit Bauträger gibt es häufig einen Gesamtmietvertrag. Der Verein mietet alle Wohnungen und kann frei werdende im Einklang mit den Wünschen der Gemeinschaft neu vergeben.

Wenn eine Gruppe von Menschen gemeinsam ein Bauvorhaben umsetzen will, werden oft moderierte Workshops durchgeführt, um Ideen gemeinsam zu entwickeln. Voraussetzung für ein Gemeinschaftswohnprojekt sind: eine gemeinsame Idee oder ein Ziel, aber auch Menschen, die konfliktfähig sind sowie eine tragfähige Entscheidungsstruktur.

Basisdemokratisch über Grünfläche entscheiden

Am ehemaligen Flugfeld Aspern in Wien wurde ein ganzes Baufeld für Gemeinschafts-Wohnprojekte reserviert. Es haben sich bereits sechs Gruppen gefunden, die hier ihre Projekte realisieren möchte. Constance Weiser von Architope, Netzwerk für nachhaltige Architektur, begleitet den Abstimmungsprozess, in dem darüber entschieden wird, wie die von fünf Gruppen miteinander genutzte Grünfläche gestaltet werden soll. Weiser: „Es ist nicht so einfach, aber bis jetzt wird alles basisdemokratisch ohne Gegenstimme entschieden.“ 

„Die Zukunft des Wohnens wird von einem Mosaik an urbanen Lebensstilen und wechselnden Wahlverwandtschaften geprägt“, stellte Raimund Gutmann vom Institut für Alltagskultur in Salzburg fest. „Neue Wohnformen sind also eine Notwendigkeit: Die individualisierte Gesellschaft des 21. Jahrhunderts besinnt sich wieder mehr auf ihre gemeinschaftlichen Bedürfnisse“, so Gutmann. „Kompakte Projekte und überschaubare Zeithorizonte“ sind aus seiner Sicht wichtig bei der Realisierung von alternativen Wohnformen.

„Gemeinschaftliches Leben beflügelt Leute, in Gesellschaft entstehen neue Ideen und Initiativen werden umgesetzt“, findet Freya Brandl, Architektin und Stadtplanerin, die ihre Dissertation dem Thema „Neues Wohnen im Alter – gemeinschaftliches Wohnen im Bestand“ gewidmet hat.

„Viele ältere Menschen wohnen – unfreiwillig – alleine in einer 120 Quadratmeter Wohnung, diese großen Flächen kann man in WG-Einheiten mit individuellem Bereichen und Gemeinschaftsräumlichkeiten umwandeln. Das bringt nicht nur Gesellschaft, sondern spart zudem Energie-, Heiz- und Betriebskosten.“ Miteinander Wohnen kann zudem Services wie mobile Dienste einsparen helfen.    

„Das Thema Wohnen in Zukunft brennt unter den Nägeln. Der Bedarf an alternativen Wohnformen wird immer größer, so wie die Diversität unserer Gesellschaft“, erklärte Maria Buchmayr, Landessprecherin der Grünen OÖ, bei dem Symposium in Linz. „Je mehr Ideen bekannt werden aus diesem Bereich, desto mehr Interessenten gibt es. Unsere Aufgabe als PolitikerInnen ist es, diese zu ermöglichen.“

Und Maria Wageneder sieht es positiv, dass die gesellschaftliche Tendenz weg von der Ich-AG in Richtung gemeinschaftliches Wohnen geht. „Die Wohnbauförderung muss dahingehend geändert werden, so dass solche Projekte auch förderbar werden.“

In Linz gibt es bereits mit der „Lebensoase“ ein Projekt des betreuten Wohnens, das nach dem Grundsatz „so selbständig wie möglich, so viel Unterstützung wie nötig“ agiert. Doch müssten diese Art von Wohnformen noch mehr ausgebaut werden, so Wohnbausprecherin Wageneder. 

www.temel.at

www.brot-verband.at

www.wohnbund.at

 

Maria Zamut

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