Es gibt immer mehr Patchwork-Familien – und sie stellen das konservative Familienbild in Frage und verlangen nach neuer gesellschaftlicher Anerkennung und rechtlicher Unterstützung. Welche Herausforderungen einer Patchwork-Familie heute begegnen und was Eltern tun können, damit eine Patchwork-Familie gelingt, hat sich Grünschnabel angesehen.

Herz mit vielen Gesichtern

In Liebe vereint. Bild: kid.a.fotolia.com

Anke schreibt in einem Forum: „Mein Lukas ist jetzt 3,5 Jahre alt und mein Freund ist der Papa für ihn, aber nicht sein leiblicher Vater. Der ist ein ziemlicher Spinner 🙁 Egal, Lukas wird das irgendwann begreifen. Jetzt bekommen wir im Juli noch ein Kind. Wir werden dann also eine Patchwork-Familie“.

Circa 9 Prozent aller Familien in Österreich sind Patchwork-Familien – mehr als 92.000 Kinder sind aktuell davon betroffen. Oft gilt diese Familienform als Symbol für die Krise in der Familie. Patchwork-Familien erhalten rechtlich und gesellschaftlich weniger Anerkennung und Unterstützung als die so genannten normalen Familien. Doch bietet sie nicht auch interessante Chancen? Eine gut zusammengewachsene „neue“ Familie kann Kindern mehr Stabilität, Geborgenheit und Heimat geben als eine konfliktgeladene Ursprungsfamilie.

Wie können Stiefkinder und Stiefeltern gut zusammenwachsen?

Für Margit Picher, Sozial-und Berufspädagogin und Obfrau des Patchwork-Familien-Service, ist Geduld das wichtigste, damit eine Patchwork-Familie gelingt. Im Unterschied zu gewachsenen Familien sei bei einer Patchwork-Situation ein langsames Kennenlernen nicht möglich. Kommen zwei Partner mit ihren leiblichen Kindern zusammen, können die Kinder sich glücklich schätzen, wenn ihre neuen Halbgeschwister halbwegs nett sind. Der heftig pubertierende Sohn aus erster Ehe wird die neue Frau an Papas Seite wahrscheinlich nicht sehr herzlich willkommen heißen.

Doch trotz aller Probleme nimmt die Anzahl von Patchworkfamilien zu. „Es fehlt jedoch an Mustern, wie diese Rollen und Aufgaben positiv bewältigt werden können“, so Margit Picher. Man solle sich von dem Anspruch befreien, dass in einer Patchworkfamilie alles von Anfang an wie am Schnürchen laufen muss, meint die Pädagogin.

Was du unbedingt tun solltest, damit dein neues Lebensmodell sicher scheitert!

  • Zieh nach sehr kurzer Beziehungsdauer mit Sack und Pack zu deinem neuen Partner.
  • Zwing deine Kinder dazu, zum neuen Mann an deiner Seite „Papa“ zu sagen.
  • Mach den Vater/die Mutter deiner Kinder vor den Kindern schlecht, damit sie in Loyalitätskonflikte kommen.
  • Sei ungeduldig und orientiere dich an idealistischen Familienbildern!

Keine hohen Erwartungen
Es ist ein positive Entwicklung unserer Gesellschaft, dass kein wirtschaftlicher Zwang mehr besteht, eine nicht funktionierende Beziehung – sei es Ehe oder nicht – unbedingt weiterzuführen. Deshalb entstehen Patchwork-Familien. Die Herausforderung ist, sich selbst und vor allem seine Kinder nicht mit zu hohen Erwartungen zu überfordern.

 

Beratung findest du hier:

www.patchworkfamilien.at

www.alleinerziehend.at/beratungszentrum-angebot.htm

 

Literatur für Erwachsene, Jugendliche und Kinder

Jesper Juul: Aus Stiefeltern werden Bonus-Eltern 

Juul befasst sich mit dem Thema Patchwork und Bonus-Eltern, ohne erhobenen Zeigefinger und ohne Regeln aufzustellen. Das Buch regt zum Nachdenken an und unterstützt einen Prozess, der am Ende zu einem funktionierenden Miteinander führen soll. Manchmal klappt es nicht und das ist auch Thema am Ende des Buches. Juul spricht uns als Menschen an und weiß, dass wir als Menschen fehlbar sind. Vielleicht machen wir weniger Fehler, wenn wir bewusst mit dem Thema Bonus-Eltern umgehen und für unser Handeln Verantwortung übernehmen.

 

 

Alexandra Maxeiner + Anke Kuhl: Alles Familie

Vom Kind der neuen Freundin vom Bruder von Papas früherer Frau und anderen Verwandten.
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2011,
Kategorie Sachbuch. Ab 5 Jahre.

 

Christine Nöstlinger: Als mein Vater die Mutter der Anna Lachs heiraten wollte

Was ist blöder, als wenn der Vater plötzlich eine neue Frau anschleppt? Wenn diese neue Frau auch noch eine Tochter hat, die so eine Zicke ist wie die Anna, findet Cornelius. Zumindest ist die Anna genauso gegen die Beziehung der Eltern wie er. Gemeinsam muss den beiden doch etwas einfallen, wie sie sie auseinanderbringen können. Ein herzerwärmend charmantes Buch von Christine Nöstlinger über Kindersorgen, Vorurteile und gute Freunde. Ab 8 Jahre.

 

Video mit Beispiel einer Patchwork-Familie mit fünf Kindern, die sich coachen lassen.

Isabel Höglinger