Karibik- und Alpen-Mentalität in einer Familie. Foto: Fotolia/travnikovstudio

Karibik- und Alpen-Mentalität in einer Familie. Foto: Fotolia/travnikovstudio

Sie ist aus Trinidad, er aus Österreich, für die drei Kinder ist die Karibik-Insel wie auch die Alpen-Republik gleichermaßen Heimat. Das Paar aus Linz erzählt, wie es Multikulturalität in der Familie lebt.

Joanna und Berndt haben seit gut 15 Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Linz. Sie haben drei Kinder, die hier geboren sind – sind also in Österreich gut verwurzelt. Und doch ist in dieser Familie alles ein bisschen anders, denn Jo kommt aus Trinidad. Darum ist die Sprache innerhalb ihrer Familie ein warmes, singendes Trini-Englisch und die Kinder sind irgendwie in Österreich und irgendwie auch in Trinidad zuhause. So oft es geht, fliegt die ganze Familie zu Oma und Opa und den Verwandten und Freunden von Jo – auch dort sind sie daheim und kommen immer wieder gerne hin. Einmal blieben sie sogar für ein ganzes Jahr. Berndt arbeitet als Arzt in Linz, war aber schon in vielen Ländern tätig. So lernte er auch vor zwanzig Jahren auf Trinidad beim Joggen seine jetzige Frau kennen und lieben.

Die beiden sind sich bewusst, dass sie in einer privilegierten Situation leben als Multikulti-Familie. Jo: „I’m living in a bubble. Ich muss mich als Ausländerin nicht um einen Job bemühen, um mein Auskommen zu haben. Ich muss mir keine Wohnung besorgen und hoffen, akzeptiert zu werden.“ Dementsprechend hatte Jo auch keine negativen Erfahrungen mit Ausländerfeindlichkeit. Im Gegenteil. „Am Anfang war alles nur super“, erzählt Jo. „Alles war neu und spannend, vor allem der Schnee und der Nebel.“
Nebel liebt Jo übrigens bis heute, Schnee weniger. Denn eines gefällt ihr bis heute nicht: die Kälte in Österreich. „T-Shirt und kurze Hose, das reicht auf Trinidad für alle Wetterkapriolen“, erzählt Berndt schmunzelnd. „Trinis finden das ewige Aus- und Anziehen unglaublich mühsam. Darum machen sie es einfach nicht.“ Ist Besuch aus Trinidad da, was oft der Fall ist, denn die Familie ist sehr gastfreundlich, wird in Auto und Restaurant im dicken Lodenmantel geschwitzt, denn das Ausziehen wäre viel zu mühsam.

Für das Paar war von  Anfang an klar, dass sie in Österreich leben möchten. Gefragt nach dem „Erfolgsrezept“ einer Multi-Kulti-Ehe meint Berndt: „Die Base-Line muss stimmen, Unstimmigkeiten wird es immer geben. Damit meine ich, eine Beziehung muss scheitern, wenn der eine den anderen zwanghaft in eine andere Kultur presst.“ Die Unterschiede der beiden Kulturen erlebten sie auch nie als so krass, vielleicht auch, weil beide römisch-katholisch sind (wie etwa 20 Prozent der Bewohner Trinidads) und beide einen ähnlichen sozialen Background haben. Vielleicht auch, weil beide sehr offene Menschen sind.

Auch was das Essen anbelangt, haben sich die beiden arrangiert: Zuhause wird eher exotisch, mit viel Würze und Schärfe gekocht, im Restaurant genießt Berndt dafür die typisch österreichische Küche. Brot zum Beispiel ist für Trinis nicht wichtig, daher ist auch das Thema tägliche Schuljause nicht ganz so einfach. Genauso wie das Thema Kleidung. Jo: „Ich trage Größe 32 bis 34, da finde ich einfach hier nichts.“

Gefragt nach ihren Zukunftsplänen, meinen die beiden: „What happens, happens!“ Momentan genießen sie die Vorteile in Österreich für ihre Kinder, die – dem Klischee von sonnigem Karibik-Feeling zum Trotz – auf Trinidad zum Beispiel nicht alleine auf die Straße gehen können, weil es viel zu gefährlich ist. Einen öffentlichen Verkehr gibt es dort praktisch nicht. „Auf Trinidad fahren die Mütter ihre Kinder den ganzen Tag mit dem Auto von einem Termin zum nächsten“, erzählt Jo und meint schmunzelnd. „Also eigentlich genauso wie hier.“

Daniela Christl