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Binationale Familien: Bereicherung oder Konfliktpotenzial? Foto: Fotolia/ajr_images

Die Zahl der Eheschließungen zwischen binationalen Partnern steigt. Damit kommen nicht nur verschiedene Kulturen, sondern auch unterschiedliche Erziehungsmethoden zusammen. Das kann zu Konflikten führen, aber auch bereichern.

Mona Irina hat schon viele Kulturen erlebt. Sie verbrachte ein Jahr in Japan, sieben Monate in Großbritannien und über ein Jahr in Südamerika. In Paraguay lernte sie ihren Ehemann kennen und lieben. Nun lebt die Familie, inklusive der 2-jährigen Tochter, in Deutschland. Mona Irina erlebt täglich, was es bedeutet, eine multikulturelle Familie zu haben. „Man muss seine eigenen Vorstellungen manchmal aufgeben oder zumindest anpassen“, resümiert sie. „Natürlich lebt jede Beziehung davon, dass man ständig voneinander lernt und sich einander anpasst. Aber wenn man zwei völlig unterschiedliche Kulturen verinnerlicht hat, unterschiedliche Bräuche und Rituale, dann macht es die Sache auch nicht gerade einfacher.“

Welche Fragen ihr im Alltag begegnen und welche Themen besonders zur Diskussion stehen, diskutiert sie auf ihrem Blog Multiculturalbaby. Die Erfahrungen, die sie durch ihre multikulturelle Familie sammelt, will sie weitergeben. Ihre Themen sind alltagspraktisch: Welche Kriterien gibt es zu bedenken, wenn man sich für das Land entscheidet, in dem man sein Kind aufziehen möchte? Wo findet man Kinderbücher, die den Aspekt der Vielfalt mit einschließen?

Mona Irina entdeckte dabei, dass der multikulturelle Aspekt zwar im Kindergarten und in der Schulpädagogik schon lange Einzug gehalten hat, Unterstützung für Eltern in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder gibt es hingegen nur wenig. Das Standardwerk „Multikulturelle Gesellschaft – Multikulturelle Erziehung“ von Volker Nitzschke ist dabei schon sagenhafte 35 Jahre alt. Sein Ratschlag, der jedoch nicht verjährt ist: Binationale Paare sollten sich schon im Voraus darüber einig sein, wie sie ihr gemeinsames Kind erziehen. Es gilt alltägliche Erziehungsfragen abzuklären.

Denn die Liebe macht nicht vor der Nationalität halt, oft kommt es im Familienalltag zu Streitigkeiten im Alltag durch unterschiedliche Ansichten. Das betrifft freilich auch Paare derselben Kultur. Uneinigkeit bei Erziehungsthemen erleben Eltern unterschiedlicher Kultur jedoch verschärft.

Das harmloseste Beispiel von Mona Irina ist dabei Weihnachten: In Paraguay herrschten zu Weihnachten große Hitze und Sonnenschein. Die klassischen Bräuche unterscheiden sich daher stark von Deutschland, wo sie den 24. Dezember in Decken vermummt mit der Familie verbringt.

Am wichtigsten in der multikulturellen Erziehung ist, dem Kind eine stabile Basis zu geben und es in seiner Identität zu stärken. Ein Kind, das mit unterschiedlichen Kulturen aufwächst, kann das Gefühl entwickeln, sich für eine entscheiden zu müssen. Andererseits kann es sich das Beste aus den Kulturen herausholen und für sich eine neue „Mischkultur“ bilden. In dieser neuen Identität  braucht es Unterstützung – insbesondere, wenn es vom Umfeld außerhalb der Familie als anders thematisiert wird. Dann erlebt das Kind das eigene Selbst als fremdartig.

Obwohl immer mehr multikulturelle Familien entstehen, ist das Bewusstsein, dass es sie gibt, noch nicht in der Normalität des Alltags angekommen. Nicht nur Eltern sind daher eine Stütze, um Kindern eine stabile multikulturelle Basis zu geben, sondern auch PädagogInnen und alle, die mit Kindern zu tun haben. Es braucht viele helfende Hände, um die Kulturen zu vereinen.

Buchtipp
“Familie, Akkulturation und Erziehung: Migration zwischen Eigen- und Fremdkultur”, Urs Fuhrer, Haci-Halil Uslucan

Manuela Hoflehner