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Meine Grenzen, deine Grenzen?

Es ist eines der Themen, das Katharina Maderthaner in der Arbeit mit Eltern und im Familienalltag am häufigsten begegnet: die Frage danach, wie viel an Grenzen nötig ist, angebracht ist und wie diese am besten umzusetzen wären.

War in älteren Generationen noch häufig die Meinung vertreten, einem Kind müsse man durch sehr strikte Grenzen „zeigen, wie der Hase läuft“ und bleibe man dem nicht treu, würden unsagbare Tyrannenkinder heranwachsen, spüren viele Eltern, dass das für sie nicht stimmig ist.

Ein Beigeschmack von „weil ich es sage“ steckt darin, eigentlich ein Machtmissbrauch. Naturgemäß verfügen wir als Erwachsene über mehr Erfahrung, Weitsicht und Verantwortung. Das heißt aber nicht, einem Kind das ganze Leben erklären und zeigen zu müssen, denn darin stecken ohnehin nur unsere sehr persönlichen Ansichten und Erfahrungen. Andererseits kann das Bemühen um möglichst keine Grenzen einem Kind eher ein Gefühl von Verlorenheit und Gleichgültigkeit der Eltern vermitteln.

Von der richtigen Balance
Im Spiel darf ein Kind seine Freiheit voll ausleben. Das heißt etwa, keine Vorstellungen erfüllen zu müssen, wie etwas „wirklich geht“, sondern einfach experimentieren zu dürfen. Auch seine Gefühle darf ein Kind frei ausdrücken. Freiheit braucht einen sicheren Rahmen. Denn nur, wenn ein Kind sich sicher und gehalten fühlt, wenn es die Rahmenbedingungen kennt, kann es sich in die Freiheit wagen.

Den Rahmen bilden etwa Familienregeln, die dem Entwicklungsstand und den Bedürfnissen aller Familienmitglieder entsprechen. Somit werden diese im Laufe der Zeit Anpassungen und Erweiterungen brauchen. Dieser Prozess findet gemeinsam statt, etwa in einer regelmäßigen Familienkonferenz. Ist in einer Situation die Sicherheit eines Familienmitglieds gefährdet, findet das Kind Halt in einem klaren „Stopp! Bis hierher und nicht weiter.“

In vielen Fragen des Alltags ist es sinnvoll, gemeinsam Lösungen zu überlegen und dem Kind altersgemäß Verantwortung für seine Angelegenheiten zu geben. Dadurch spürt es: „Ich traue dir das zu“ und kann als gleichwertige Persönlichkeit wachsen. Ist das bei einem kleinen Kind die Auswahl zwischen wenigen Kleidungsstücken, kann das bei älteren Kindern Mit-Verantwortung für ein Haustier sein oder den Schulweg alleine zu bewältigen. Wachsen die Freiheiten, wachsen die Verantwortlichkeiten mit.

Grenzen aufzeigen und achten
Was die ganz grundlegenden Bedürfnisse und persönlichen Grenzen eines Kindes betrifft, ist es sehr wichtig, diese anzuerkennen und so gut wie möglich zu wahren. Etwa keine Küsschen, wenn das Kind das ganz klar ablehnt. Damit wird die Integrität des Kindes respektiert und geschützt. Die Erfahrung, dass meine Grenzen geachtet werden, ist ein Grundpfeiler eines guten Selbstwertgefühls.

Umgekehrt bin ich es als Mama oder Papa auch wert, dass meine Grenzen geachtet werden. Dazu braucht es vor allem Übung im Hinspüren: Wie geht es mir? Was passt jetzt tatsächlich für mich? Denn so kann ich rechtzeitig, klar und authentisch ausdrücken, was ich will und brauche und was ich nicht möchte. Auf diese Weise übernehme ich Verantwortung für mein Wohlbefinden, was eine Art der Selbstfürsorge ist. Und auch mein Kind hat etwas davon: Es bekommt nicht meine Wut ab, wenn ich mich ansonsten Augenblicke später nicht ernst genommen fühle, weil meine Grenzen überschritten werden.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net