Gerade Weihnachten feiern hat in den meisten Familien viel mit Ritualen zu tun. Warum wiederkehrende Abläufe so wichtig sind im Leben mit Kindern beschreibt Katharina Maderthaner in ihren Erziehungsfragen. 

Wir sind eingebettet in wiederkehrende Abläufe: Das Wachsen und Vergehen der Natur im Verlauf eines Jahres, verschiedene Feste im Jahreskreis, unsere Zeiteinteilung in Wochen und Tage. Wie die Sonne am Morgen aufleuchtet und sich am Abend Ruhe ausbreitet, wie unsere Tage geprägt sind vom Wechsel zwischen Aktivität und Ruhen, sich wiederholenden Tätigkeiten, Weggehen und Wiederkommen – alles ist Rhythmus.

Uns verorten und orientieren durch Rituale
Insbesondere Kinder haben feine Antennen für diese Rhythmen des Lebens. In ihrem Werden im Mutterleib sind sie umgeben von Mamas rhythmischem Herzschlag und Atmen, werden durch ihre Bewegungen gewiegt und wachsen mit der Geburt langsam in die Abläufe ihrer Umwelt hinein.

Durch stimmige Rituale können wir ihnen dieses In-Einklang-Kommen mit der Welt erleichtern und auch in späteren Kinderjahren bieten Rituale verlässliche Anhaltspunkte zur Orientierung. Gerade wiederkehrende Alltagssituationen wie der Start in den Tag, Pflegehandlungen, das Wieder-Zuhause-Ankommen oder der Übergang zur Nacht eignen sich dafür, sie in Rituale einzubinden. Prägend dabei sind immer ähnliche Abläufe, die solche Situationen vom Alltag abheben und dem Kind helfen, sich auf das Kommende einzustimmen.

Kakao im Kerzenschein
Häufig markieren Rituale vor allem Übergänge. Wir wechseln zum Beispiel von der Tageskleidung zum Pyjama, waschen den Staub des Tages ab und begeben uns so ins Bett, wo wir zuerst noch sitzend ein Buch lesen, bevor wir in die Waagrechte rutschen und uns der Ruhe der Nacht anvertrauen. Für mich und meine Kinder ist an Frühaufsteher-Tagen ein lieb gewonnenes Ritual zum sanften Einstieg in den Tag geworden: In der Küche brennt dann noch kein helles Licht, sondern nur eine Kerze. Manchmal sitze ich da zuerst noch alleine und trinke in Stille einen Kaffee. Früher oder später sitzt mindestens ein Kind auf meinem Schoß und trinkt im Kerzenschein Kakao oder ähnliches mit mir. Das gibt uns Zeit, gut im Tag anzukommen, bevor wir frühstücken und uns vorbereiten.

Lebendig und zu uns passend
Die Rituale, die wir für unsere Familie finden, sollen für uns passen. Wir dürfen sie nach unseren Bedürfnissen maßschneidern und sie wachsen mit uns mit. Sie sollen uns Leitlinien und Wegmarkierungen sein, uns begleiten ohne zu sehr einzuengen. Dr. Rüdiger Dahlke schreibt dazu: „Rhythmus lebt, er kennt Ausnahmen, und die Zeiten sind nicht starr einzuhalten, sie ergeben sich im Idealfall als Rahmen des Lebens aus den Notwendigkeiten des Zusammenseins.“

Rituale verbinden uns
Rituale bieten außerdem Gelegenheiten, miteinander in Beziehung zu treten und uns wieder miteinander zu verbinden, nachdem jeder eine Zeit lang eigene Wege gegangen ist. Etwa indem wir uns Zeit für eine gemeinsame Mahlzeit nehmen. Dazu schaffen wir vielleicht einen netten Rahmen, räumen Zeitungen etc. vom Tisch und legen die Handys beiseite, um miteinander ins Gespräch zu kommen.

Auch für ältere Kinder und Jugendliche haben solche Rituale einen Wert als etwas Verlässliches und Geborgenheit gebendes. Mit ihnen ergibt sich möglicherweise etwas Neues, wie Arbeitsrituale: Beim gemeinsamen Möbelprojekt oder Herumschrauben am fahrbaren Untersatz sind die Hände beschäftigt und es redet sich leichter. So dürfen wir in jedem Lebensabschnitt für unsere Familie passende Rituale finden, die auf natürliche Rhythmen antworten und Verbindung schaffen.

Für mehr Freude im Leben mit Kindern!
Katharina Maderthaner, MSc (Counseling)
katharina.maderthaner@gmx.net