Bilder: Beim Durchblättern der Tageszeitung sehe ich hauptsächlich Männer. Die meisten Männer tragen Uniformen. Männer posieren eine Fahne schwenkend auf einem Panzer. Männer verprügeln, mit Stöcken bewaffnet, am Boden liegende Männer. Männer schenken sich gegenseitig auf dem Podium der Macht ein wissendes Lächeln. Männer vertreten die großen Religionen.

Zwei Bilder von Frauen: Nackte Frauen protestieren gegen Donald Trump. Bloß ein kleines Bildchen zeigt eine Sängerin, die sich in Südafrika für die zahlreichen mit dem HI-Virus infizierten Menschen engagiert.

Bilderwahl: Wahrscheinlich eine aus dem Zufall zusammengestellte Sicht der Welt.

Ich schreibe diesen Blog als Vater von drei Buben (2,5,8). Die alltägliche Begleitung meiner Söhne, meine Frau arbeitet Vollzeit als Ärztin an einer Klinik, prägt meine kleine Welt. Die Kinder führen mich mit ihren Fragen und Antworten an die Orte der Stadt Linz und an die Orte der ganzen Welt. Ihre Augen sehen diese Orte um einen Meter tiefer und ihr Verstand sucht stets den einfachsten Weg. Mein ältester Sohn hat in der Zeitung die Männer mit den Stöcken gesehen. Ich habe mit ihm darüber gesprochen. Er hat von den Schmerzen gesprochen, die diese Männer zu erleiden haben und wie lange es wohl dauern wird, bis alle wieder gesund sind. Er kann es sich nicht vorstellen, dass erwachsene Männer andere erwachsene Männer so grausam verprügeln.

Heute Vormittag sind wir zur Stadtbibliothek im Wissensturm gefahren. Das ist bei unseren Leseratten eine ferienbedingte Notwendigkeit. Auf dem Hinweg hat mein mittlerer Sohn nochmals ein zur Rückgabe bestimmtes Buch über das Klima durchgeblättert. Er interessiert sich gegenwärtig für Hagel, Blitz und Donner. Auf der letzten Seite des Kinderbuches deutet ein Foto die Folgen der Erderwärmung an. Durch das Schmelzen der Polkappen steigt der Meeresspiegel an. Die kleine Insel Tuvalu in Ozeanien wird möglicherweise in einigen Dekaden verschwunden sein. Zuhause suchen wir gemeinsam diese Insel im Weltlexikon. Einwohnerzahl: 10 000. Hauptstadt: Funafuti. Mittlerweile wissen wir sogar, dass der britische Prinz William und seine Frau die Insel Tuvalu vor einigen Jahren besucht hatten.

Meine Söhne sind davon überzeugt, dass wir diese Insel retten können. Das sind ihre Bilder von der Welt, dass alles wie ein verstauchter Knöchel wieder gut werden kann. Ich liebe und genieße diese Zeit mit meinen Kindern, auch wenn ich mit meinen vierundvierzig Lebensjahren, vor allem während und nach Krankheitsperioden, schon gelegentlich am Ende meiner Kräfte bin.

Ich war bis jetzt immer sozialpolitisch tätig. Die Entwicklung sozialer Verantwortung im Spannungsfeld Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ist mir (lebens-)wichtig. Vielleicht will ich auf meinen Wegen mit den Kindern von unserer kleinen Welt hier in Linz berichten und erzählen, um vor allen bei Männern eine lustvolle Neugierde zu entfachen, den großen Schritt zu einer Karenzzeit zu wagen. Ich weiß um die inneren und äußeren Schwierigkeiten einer konkreten Realisierung dieser Lebenszeit.

Mein Vorbild war ein schwedischer Minister, der eine wichtige Sitzung vertagte, um seine Kinder von der Kita abzuholen. Das Wesentliche war ja gar nicht der Umstand, dass er so gehandelt hatte, sondern die verständnisvolle Reaktion aller anderen Sitzungsteilnehmerinnen und Sitzungsteilnehmer, sein Handeln als vollkommen normal zu akzeptierten. Diese Bilder prägen auch.

Wolfgang Nell (44), akademischer Entwickler Sozialer Verantwortung, schreibt diesen Blog als Vater von drei Buben. Er kümmert sich zurzeit hauptsächlich um die Kinder im Alter von 2, 5 und 8 Jahren, während seine Frau Vollzeit als Ärztin arbeitet. Für Grünschnabel reflektiert er regelmäßig Erlebnisse aus seiner Familienwelt mit dem Lauf der „großen“ Welt, mit politischen und alltäglichen Geschehnissen.