Schüler Johannes, 9 Jahre, erzählt, wie er den Alltag in einer Mehrstufenklasse in Linz erlebt hat. Von Lernspielen und Freiarbeit, Zweitklässler als Helfer und Beschützer und wie er die erste und zweite Schulstufe in drei statt zwei Jahren absolvierte.

„Für mich war es ganz normal, dass Vorschulkinder, Erst- und Zweitklässer in meiner Klasse waren. Ich kenne es nicht anders“, erzählt Johannes. Auf die Frage, wie man sich den Schulalltag in einer Mehrstufenklasse vorstellen kann, meint er: „Wir hatten eine Klassenlehrerin Heidi und eine Teamlehrerin Doris.“ Neben dem Klassenraum fand der Unterricht zudem in einem zweiten, kleineren Raum statt, den sich seine Klasse mit einer anderen Klasse teilte.

Zum Beispiel hatte die erste Klasse Mathe bei der Teamlehrerin Doris, während die zweite Klasse in dem anderen Raum von der Klassenlehrerin Heidi unterrichtet wurde, erzählt Johannes. In Deutsch war es in der Regel umgekehrt und in den Fächern Turnen, Werken, Zeichnen, Musik und Freiarbeit wurden die Erst- und Zweitstufenkinder gemeinsam unterrichtet.

Im Fach „Freiarbeit“ durften sich die Kinder aus Johannes‘ Klasse aus den vielen Regalen mit Lernspielen das holen, das sie gerade spielen wollten. Er spielte zum Beispiel gerne Fliegenklatsche, ein Mathespiel, bei dem es um Divisionen und Malrechnen geht. Im Freiarbeitsheft notierte er, was er gespielt hatte.

Im September vor einem Jahr entdeckte er das Spiel „Die Flusspferde“, bei dem es um Plus- und Minusrechnungen bis 20 ging. „Ich wollte unbedingt bis zum 120. Spiel kommen und dabei hatte ich schon einen Rekord aufgestellt. Da sagte die Lehrerin zu mir, dass es dabei nicht so sehr um die Quantität, sondern um die Qualität geht.“ Das nahm den Druck von ihm.

Was ist in einer Mehrstufenklasse sonst noch anders als in einer Regel-Volksschulklasse? „Am Anfang des Schuljahres sitzen ein Erstklässler und ein Zweitklässler nebeneinander, damit der Eine dem Anderen helfen kann.“ Dieses Buddy-System war für Johannes auch sehr hilfreich, als er in der ersten Klasse wegen seiner langen Haare gehänselt wurde. „Andere Kinder riefen ‚Mädchen‘ hinter mir her und jagten mich im Schulhof.“ Das ärgerte ihn. Ein Zweitklässer stand ihm schließlich zur Seite, ergriff Partei für ihn und die Kinder hörten auf, ihn zu verspotten.

Wurde in der jahrgangsübergreifenden Klasse von Johannes etwas Neues durchgenommen, wie ein neuer Buchstabe, dann versammelte die Lehrerin alle Kinder der Schulstufe auf einem Teppich im Halbkreis und besprach den neuen Lernstoff mit ihnen. Diese konnten Fragen stellen und erst, wenn alle Unklarheiten beseitigt waren, gingen alle SchülerInnen auf ihre Plätze und arbeiteten für sich die Seite im Buch oder das Arbeitsblatt dazu durch. Meist bekamen die Kinder einer Schulstufe dieselben Lernaufträge, wurde ein Kind rascher fertig, bekam es zusätzliche Aufgaben.

Zwei Schulstufen in drei Jahren absolvieren

„Weil ich im August geboren bin“ und es für ihn recht anstrengend war, absolvierte Johannes die zweite Klasse in zwei Jahren. Er schaffte zwar schon im ersten Jahr das Pensum der zweiten Klasse, aber das Lernen setzte ihn stark unter Druck. „Ich war sehr erleichtert“, sagt Johannes, als Lehrerin und Eltern beschlossen, dass er für die zweite Schulstufe noch ein weiteres Jahr Zeit bekommen würde. „Mit einem zweiten Buben gemeinsam habe ich dann die zweite Klasse wiederholt. Beim zweiten Mal in der Zweiten war ich unter den Klassenbesten, weil ich ja schon alles gekannt habe.“

„Bei den Malreihen beispielsweise hat die Lehrerin Heidi alles besprochen mit uns Kindern. Wir in der zweiten zweiten Klasse konnten schon vorher anfangen, weil wir kannten es ja schon und wir schafften unser Pensum halt in kürzerer Zeit als die anderen Kinder. Diese konnten in der Freiarbeit oder dann zu Hause die Aufgabe fertig machen“, erzählt Johannes.

Mehrstufenklasse: Die Sicht der Eltern

Mehrstufenklasse: Die Sicht der Lehrerin

Maria Zamut