Gesundheitsberaterin Annette Starlinger spricht über Funktion und Nutzen unserer Haut und die Unterschiede von Industrie-, Natur- und Frischekosmetik.

 

Grünschnabel: Was ist Kosmetik für Sie?

Starlinger: Kosmetik ist für mich in erster Linie Körperpflege, aber auch eine Form der Ernährung des Körpers über die Haut.

Grünschnabel: Wie meinen Sie das?

Starlinger: Pflege und Kosmetik sollten nicht nur reinigen oder einen dekorativen Effekt haben, sondern unseren Organismus von außen nähren, damit wir ihn in seiner Schutzfunktion unterstützen.

Dazu muss man wissen, dass (Haut-)Zellen ausgesprochen lebendig sind. Diese Zellkulturen leben also genauso von Lebendigem wie der Rest unserer Zellkulturen. Sie brauchen ähnliche Nährstoffe, wie die Zellen der meisten anderen Organe unseres Körpers. Deshalb ist Kosmetik eine Form der Ernährung des Körpers über die Haut.

Sie mit Erdöl zuzukleckern, Parabene darauf zu schmieren oder chemische Duftstoffe hineinzuarbeiten macht immer Probleme im Zellstoffwechsel – auch jenem der Hautzellen.

Grünschnabel: Welche Funktionen erfüllt unsere Haut?

Starlinger: Die Haut ist ein wichtiger Teil unserer Organwelt. Sie ist das zweitgrößte Atmungs- und Ausscheidungsorgan. Man sollte sie daher nich wie ein paar Schuhe sehen, die mit totem Leder überzogen sind.

Der größte Auftrag der Haut ist es, einen effektiven Säureschutzmantel, also eine Schutzbarriere zu bilden und diesen aufrecht zu erhalten. Unsere Haut bildet somit eine der elementarsten Grundlagen für unser Immunsystem!

Grünschnabel: Welche Rolle spielt dabei Kosmetik?

Starlinger: Sehr viele Stoffe, die von außen auf unsere Haut aufprallen – dazu gehören zum Beispiel freie Radikale und andere Schadstoffe, die u.a. in unserer Luft sind – werden von den Zellkulturen und dem durch sie gebildeten Säureschutzmantel auf der Haut blockiert bzw. davon abgehalten tiefer einzudringen.

Nun gibt es Wirkstoffe die diesen Bakterienkulturen dabei helfen. Es gibt aber auch jede Menge, die den Auftrag blockieren und sogar zunichte machen.

Grünschnabel: Worin liegen die Unterschiede zwischen konventioneller Kosmetik, Natur- und Frischekosmetik?

Starlinger: Bei der Hauptauswahl der Ingredienzien und der Verarbeitung.

Industriekosmetik wird in großen Mengen und auf Halde produziert. Außerdem ist sie durch die Bank von chemischen Wirkstoffen durchdrungen.

Grünschnabel: Welche Stoffe sind das?

Starlinger: Der größte Teil ist Wasser und dann kommt normalerweise Erdöl. Dann findet man sehr viele Parabene und chemischene Stoffe, Hilfsstoffe, Füllstoffe, Duftstoffe und Emulgatoren. Diese erleichtern zwar die Verarbeitung, beinhalten aber auch zum Beispiel sehr viele chemische Geruchsstoffe.

Grünschnabel: Was ist so problematisch daran?

Starlinger: Industriekosmetik produziert eine große Bandbreite an chemischen Produkten, mit zwei oder vielleicht drei echten Wirkstoffen. Wenn man auf der INCI Liste, der internationalen Nomenklatur Liste für kosmetische Inhaltsstoffe, nachliest, findet man pflegende, nährende und schützende Wirkstoffe unter ferner liefen. Im allerletzten Zehntel. Vermutlich auf den letzten zwei, drei Stellen. Da hat man zwar eine Summe an preiswerten substanzgebenden Inhaltstoffen, aber da ist nichts drin, was ein lebendiges System wie die Haut auch in Ansätzen nährt!

Grünschnabel: Und Naturkosmetik?

Starlinger: Naturkosmetik beinhaltet eine wesentlich höhere Dichte an Wirkstoffen. Da sind wir mal schnell bei sechs bis zehn pflegenden, nährenden und schützenden Wirkstoffen. Und – es sind normalerweise keine Erdöle mehr drinnen.

Eine gute Naturkosmetik verzichtet außerdem auf Parabene und synthetische Duftstoffe. Sie verwendet stattdessen ätherische Öle.

Grünschnabel: Gibt es denn Unterschiede in der Naturkosmetik?

Starlinger: Es gibt auch Naturkosmetik, die gerade mal so als Naturkosmetik durchrutscht, weil sie nicht so die “Knüller” wie Parabene, Erdöle oder chemische Duftstoffe beinhaltet. Und dann gibt es wiederum Naturkosmetik, die wesentlich mehr hochwertige Pflegestoffe in sich hat. Da ist die Bandbreite wirklich extrem.

Grünschnabel: Welche Naturkosmetikhersteller verwenden hochwertige Pflegestoffe?

Zum Beispiel Weleda, Wala und Dr. Hauschka. Sie verwenden z.B. natürliche Öle, die länger haltbar sind und konservieren u.a. mit Alkohol und ätherischen Ölen.

Grünschnabel: Und wie ist das bei Frischekosmetik?

Starlinger: Frischekosmetik ist das Beste, was man produzieren kann, weil man sie nicht wie andere Kosmetika monatelang haltbar machen muss. Kosmetik, die im Geschäft verkauft werden soll, muss bis zu 24 Monate haltbar sein.

Das heißt, dass man bei Frischekosmetik nur noch Wirkstoffe verwenden kann und keine Hilfs- und Konservierungsstoffe mehr braucht. Man kann sogar auf Alkohol, der austrocknet, und ätherische Öle verzichten.

Je frischer Kosmetik also ist, desto gehaltvoller ist sie an Enzymen, an aktiven Vitaminen und Fettsäuren. Das, was deine Haut nährt, ist letztlich das, was deine Zellen von innen nährt. Das ist wie beim Essen. Wenn ich Sie frage “Mögen Sie lieber eine Tomatensuppe mit Tomaten frisch aus einem Biogarten oder konserviert aus einem Packerl?” ist ihre Antwort eindeutig, oder?

Grünschnabel: Frischekosmetik ist ja das, was jeder selber zuhause zubereiten oder anrühren kann. Das heißt, wenn ich mich eincremen will, gebe ich einfach Olivenöl auf die Haut?

Starlinger: Ein Öl ist eine sehr fette Substanz, die allein genommen auch Poren verstopfen kann. Unsere Haut hat auch, bildlich gesprochen, feuchtigkeitshaltende Schichten. Wenn ich also nur Fett oben drauf gebe, wo sich der Säureschutzmantel ansiedeln kann, dann werde ich trotzdem von unten her austrocknen und kann sogar Falten kriegen. Zumal ein Öl nur eine gewisse Wirkstoffdichte an bestimmten fettgebundenen Vitaminen und Fettsäuren hat. Ein anderes Öl hat wieder eine ganz andere Zusammensetzung.

Grünschnabel: Woran erkennt man dann eine gute Pflege?

Starlinger: Eine gute Pflege erkennt man zum Beispiel immer daran, dass viele ölige Substanzen enthalten sind, sprich unterschiedliche Öle, aber auch Extrakte wie z.B. die Hyaluronsäure.

Besonders kostbar sind Pflegemittel fürs Gesicht, die wässrige Substanzen extra in einem Serum enthalten und fettende, pflegende Substanzen in einer Creme. Die Feuchtigkeit dringt so tief in die Hautschichten ein. Damit sie nicht austrocknet, gehört noch ein Cremekonzentrat drüber, weil dort die ölgebundenen Wirkstoffe mit Fettsäuren und Vitamin A, D , E und K die Hautzellen wirklich so nähren, dass sie ihren Job gut machen können.

Grünschnabel: Frischekosmetik herstellen ist also etwas mühsam und zeitaufwendig?

Starlinger: Leider ist die Zutatenliste für selbst gemachte Kosmetik sehr beschränkt, weil man nicht die technische Ausstattung hat, um zum Beispiel Emulgationen technisch unterstützt herbeizuführen. Man kann auch schwer ohne Sauerstoff- und Lichtzufuhr arbeiten, um Oxidationsprozesse bei wirklich sehr kostbaren, hochwertigen Inhaltsstoffen zu vermeiden.

Grünschnabel: Gibt es denn eine Firma, die so etwas im großen Stil herstellt und verkauft?

Starlinger: Es gibt eine einzige Firma in Europa und das ist Ringana. Das ist übrigens eine österreichische Firma. Sie kann die Zutaten in einer unglaublich hohen Dichte einsetzen, weil diese Produkte nur sechs Monate haltbar sein müssen und nicht im Geschäft verkauft werden, sondern gleich frisch aus dem Labor zum Kunden geschickt werden.

 

Linktipps:

Umweltgespräch mit Annette Starlinger

www.jean-puetz-produkte.de

 

 

 

Annette Starlinger ist Gesundheitsberaterin und Ernährungstrainerin mit einer eigenen Praxis und einem Seminarhaus in Altenberg. Sie hält und organisiert Vorträge, Seminare und Veranstaltungen rund um körperliche, seelische und geistige Gesundheit. Ihre Themenschwerpunkte sind Ernährung und Körperpflege. 

 

Sabine Blöchl