Stefan ist Vater von drei Kindern und war zwei, acht und zwölf Monate in Karenz. Heute ist er in einem anspruchsvollen Job, der ihn oft tagelang von seinen Kindern fernhält. Dennoch leidet die Beziehung zu den Kindern nicht, die heute 6, 5 und 2 Jahre alt sind. „Das liegt wohl daran, dass ich in ihrer frühesten Kindheit viel Alltag mit ihnen erlebt habe und so ein großes Vertrauen vorhanden ist.“

Wie kamst du auf die Idee, in Karenz zu gehen?
Ich wollte immer schon in Karenz gehen, weil ich Zeit mit meinen Kindern verbringen wollte.

Wie hat dein Arbeitgeber reagiert?
Beim ersten Kind war ich bei einer Kinder- und Jugendorganisation beschäftigt und die hat sehr positiv reagiert auf meinen Wunsch, nach der Geburt eine Zeit lang zu Hause zu bleiben. Sie haben sich sogar gefreut darüber, dass das Männer machen und mich darin unterstützt. Beim ersten Kind war ich lediglich zwei Monate über den Sommer in Karenz und hatte keine Karenzvertretung. Später, als ich beim zweiten Kind ein Jahr lang zu Hause blieb, gab es schon eine Vertretung. Vor dem dritten Kind wechselte ich den Job, aber auch beim neuen Arbeitgeber war es kein Problem, acht Monate in Karenz zu gehen.

Was waren deine Erwartungen an die Karenz-Zeit?
Ich hatte keine großen Erwartungen. Ich bin mit 25 Jahren das erste Mal Vater geworden und bin in dieser Rolle stets eher meinem Instinkt gefolgt.

Wie waren deine Erfahrungen?
Mir hat es jedes Mal großen Spaß gemacht, ganz bei den Kindern zu Hause zu sein. Wir hatten als Familie keinen fixen Tagesrhythmus, haben gemacht, was uns gerade Spaß machte. Wir hatten zudem die Einstellung, dass wir uns das als Familie einfach leisten, auch wenn wir unsere Ersparnisse aufbrauchen. Und wir haben es niemals bereut. Aus heutiger Sicht war es die goldrichtige Entscheidung. Wir haben die Zeit als Familie ganz bewusst verbracht und sie hat uns sehr gut getan.

Wie wirkte sich die Karenz-Zeit auf die Beziehung zu den Kindern aus?
Heute noch profitiere ich von dieser intensiven Zeit mit meinen Kindern. Wenn ich jetzt oft von früh morgens bis spät abends beruflich unterwegs bin und meine Kinder unter der Woche wenig sehe, leidet die Beziehung zu ihnen dennoch nicht. Wir kennen uns so gut, dass auch bei längerer Abwesenheit die Verbindung nicht abreißt. Weil ich viel da war, als sie sehr klein waren, ist eine große Vertrautheit vorhanden.

Was würdest du anderen Vätern raten?
Ich würde ihnen empfehlen, mit ihren kleinen Kindern so viel Zeit wie möglich zu verbringen. Das lässt dauerhafte Bande entstehen. Man lernt sich gut kennen und eine Vertrauensbasis entsteht. Das muss nicht notwendigerweise Karenz sein, das kann auch bedeuten, im Beruf zu reduzieren. Zentral ist, möglichst viel vom Alltag der Kinder mitzubekommen.

Hat sich durch die Papa-Zeit dein Bild vom Vater-Sein geändert?
Ich hatte vorher kein so klares Bild vom Vater-Sein. Ich übe mein Vater-Sein eher nach Instinkt als durch reflektiertes Handeln aus. Ich bin so wie andere Eltern oft gefordert und auch überfordert. Für mich ist immer wichtig gewesen, dass die Kinder viele Bezugspersonen haben, die ihnen als Begleiter zur Seite stehen – nach dem Motto „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.“ Wir haben keine Elternratgeber gelesen, außer den “Leitfaden für faule Eltern” von Tom Hodgkinson, den ich allen Eltern ans Herz legen möchte.

Warum?
Weil die Kernaussage des Buches lautet: Lasst die Kinder in Ruhe spielen, mischt euch nicht zu sehr ein, setzt euch auf die Terrasse und schaut ihnen zu, wie sie am Bach spielen.

Maria Zamut